Vierzehntes Kapitel.
Auf der Höhe der Cultur.
Welche Formen die Religien im Elsaß annahm, haben wir
gesehen. Wie das classische Alterthum tief in die allgemeine Bil-
dung eingriff, hat sich uns gezeigt. Aber noch sind wir weit davon
entfernt, ein Gesammtbild des geistigen Lebens jener reichen Gegend
zu besitzen. Das sechszehnte Jahrhundert offenbart uns hier eine
solche Fülle des Schaffens, daß es fast unmöglich ist, sie allseitig zu
beleuchten. Wohin wir blicken, in Naturwissenschaft, Industrie,
Kunst, Geschichtschreibung, Dichtung, überall frische Thätigkeit, überall
Ernst und Eifer, überall zum Theil gute, zum Theil ausgezeichnete,
zum Theil bahnbrechende und in jener Zeit einzige Leistungen.
In den Naturwissenschaften hat das Elsaß freilich keinen
Namen allerersten Ranges aufzuweisen, wie die Schweiz ihren
Theophrastus Paracelsus und Konrad Gesner besitzt. Dennoch nimmt
die Landschaft auch in dieser Hinsicht eine höchst ehrenvolle Stel-
lung ein.
Die Näahe fertgeschrittenerer Länder wie Frankreich und Italien,
aber auch der altbewährte Wohlthätigkeitssinn von Straßburg, seine
zahlreichen Hospitäler und Lazarethe, haben es bewirkt, daß hier
bereits im fünfzehnten Jahrhundert der Anfang zu einer vernünfti-
Lgeren Chirurgie gemacht wurde. Das Buch der Chirurgia von dem
zu Bologna, Padua, Paris gebildeten Hieronymus Brunschwig