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worden, welche Ansprüche des Königs feststellten, die ihm angeblich
kraft jener Rechtstitel gebührten, welche er in den Friedensschlüssen
erlangt hatte. Die deutsche Sprache hat aber kein ehrliches Wort
zu finden vermocht, um die juristische Comödie zu bezeichnen, die
in Metz, Breisach und Besangon aufgeführt wurde, und so ist mit
Recht das fremde französische Wort der Reunionskammern für
diese einzige historische Erscheinung den Deutschen immer ein fremdes
geblieben. Diese sogenannten Gerichtshöfe haben gefunden, daß der
Herzog von Würtemberg verpflichtet sei, dem Könige von Frankreich
als seinem Souverän zu huldigen, sie haben entdeckt, daß die Pfalz-
grafen von Veldenz und Lützelstein, der Herzog von Zweibrücken,
die Grafen von Salm und Saarbrück Unterthanen der französischen
Krone wären. Durch die kühnsten historischen Untersuchungen wurde
die Kammer von Breisach bestimmt zu judiciren, daß die sämmt-
lichen im Elsaß angesessenen Reichsunmittelbaren, Fürsten, Aemter,
Stände, Ritterschaft als Vasallen des Königs zu erklären seien.
Den Aussprüchen der Reunionskammern folgte die Gewalt auf
dem Fuße. Selbst gegen die mächtigsten und größten der ange-
führten Stände hatte die französische Regierung das executive Ver-
fahren nicht gescheut. Die Beamten der entfernteren Reichsglieder
wurden verjagt, ihre Aemter geschlossen, ihre Renten vorenthalten;
ein Schauspiel ohne Gleichen! welchem das deutsche Kaiserthum
machtlos zuzusehen hatte. Denn während die Klagen der zahlreichen
Reichsglieder in der trostlosen Versammlung des Reichstags von
Regensburg noch kaum das Stadium der ersten Ueberraschung über-
schritten hatten, rüstete sich Frankreich bereits zu einer weiteren Besitz-
ergreifung, zu der unerwartetsten und bedeutendsten von allen, und
zwar — um Ranke's Wort zu gebrauchen — mit der unbefangensten
Miene von der Welt.
Am 9. August 1680 fällte die Breisacher Reunionskammer den
Ausspruch, daß die Vogteien von Wasselen, Barr und Illkirchen
zur Krone Frankreichs gehörten und daß der zeitliche Besiher — die
Stadt Straßburg — als Lehnsträger zu betrachten und demnach