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Freiheit gekommen. In einem feierlichen Augenblick hat Friedrich
der Stadt die Urkunde freier Reichsverfassung geschenkt. Selbstän-
diges Stadtregiment und die Unabhängigkeit der Bürger von fremder
Gerichtobarkeit bildeten auch hier die Grundlagen späterer Entwickelung
und großer Wolfahrt, wie in Straßburg. Nicht weniger als zehn
ähnliche Gemeinwesen haben sich im Laufe des 13. Jahrhunderts im
Elsaß gebildet
Im Oberelsaß ging Colmar den anderen Städten voran. Es
erhielt seine Mauern durch Kaiser Friedrich's II. Vogt vom Elsaß,
Herrn Albin Wölflin, einen seltenen Mann, dessen persönliche Schick-
sale einen reichen Stoff tragischer Momente bieten. Denn er, der
das ganze Vertrauen des Kaisers genoß, siel bei seinem Herrn in
Ungnade, wurde gefangen gesetzt und die Sage läßt seine eigene Frau
zur Mörderin an dem tapfern Manne werden. Das wolhabende
Colmar aber hielt seinen Namen in Ehren und dankbar haben noch
späte Geschlechter der neunthorigen Stadt den Erbauer ihrer Mauern
gerühmt. Auch Schlettstadt wurde durch Wölflin befestigt und
erhielt Stadtrecht wie Colmar von Friedrich II., ebenso Kaisers-
lerg, die Wächterin des wichtigsten Passes nach Lothringen und
Reuburg und Breisach. Die Zeit Kaiser Friedrich's II. erhielt
sich überhaupt im Andenken der Elsässer als die Epoche des höchsten
Glanzes und gewis war es nicht ohne Bedeutung, daß der letzte
unter den mächtigen Kaisern der älteren Zeit als Landesherr im
Elsaß waltete und reichen Samen eigenthümlichen Lebens ausstreute.
Persönliche und sachliche Umstände wirkten zusammen, daß das Gefühl
der Reichsangehörigkeit diesem Volke in Fleisch und Blut überging.
Und es kamen die Zeiten, wo sich dieser reichsfreie Geist zu
erproben hatte. Allerorten war nach dem Untergange des alten
Kaiserthums die Macht der Landesfürsten und Territorialherren
gewachsen; wo diese noch nicht zu selbstherrlicher Macht auf dem
Wege von Privilegien oder durch Jamilientradition gelangt waren,
suchten sie in den folgenden Jahrhunderten durch Vereinigung größerer
Herrschaften sich unabhängig gegenüber dem Reiche zu machen und