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dem Könige den Huldigungseid zu leisten hätte. Das war der
Knopf, an welchen Frankreich den Straßburgischen Rock anzunähen
entschlossen war. Eine Täuschung über die Bedeutung der Frage
bestand auf keiner Seite. Weder in Straßburg, noch auf dem
Reichstag von Regensburg, noch in Wien war man im unklaren,
was Frankreichs Absicht sei. Auch waren schon im Dezember deutsche
Gesandte in der Lage, aus Paris zu berichten, daß die französische
Regierung den Straßburgern rund erklärt habe, sie sollten sich zwar
ihrer alten Freiheit und Selbständigkeit auch ferner erfreuen, aber
unter der Protection des Königs. Weigerten sie sich aber, den
Huldigungseid zu leisten, so würden sie mit Gewalt der Waffen be-
zwungen werden. 4
Von diesem Augenblicke an konnte und durfte von einer
Ueberraschung nicht mehr die Rede sein. In der That bildete
denn auch die Huldigungsfrage das ausschließliche Thema der poli-
tischen Berathungen und Berhandlungen des Jahres 1681. Die
politische Anekdote hat in der späteren Zeit die Katastrophe in ein
mystisches Dunkel gehüllt, welches den Machthabern nur erwünscht
sein konnte, die sowol in Straßburg, als im deutschen Reiche
eine seltene Unfähigkeit und Schwäche an den Tag gelegt hatten.
Schleichende Agenten, welche den Rath von Straßburg bestechen,
heimliche Anschläge, Boten, welche Zeichen und Briefe auf der Basler
Rheinbrücke wechseln müssen, ohne daß sie einander kennen und von
einander wissen, und anderes romantisches Flitterwerk hat die ge-
schäftige Phantasie der Welt geboren, um ein Ereignis erklärlich zu
machen, das in der That nichts war, als ein gewaltiger, massiv auf-
tretender Triumph der französischen Diplomatie und Uebermacht.
Heimlich und mit größter Umsicht betrieben wurde von der fran-
zösischen Regierung nichts, als die militärischen Maßnahmen, die
Rüstungen und Vorbereitungen der Armee, nicht anders, wie es
in solchen Fällen zu allen Zeiten wolgeordnete Staaten thun und
gethan haben.
Die Frage selbst lag so offen vor, wie je eine politische An-