359
gelegenheit der Welt, und das Concert der Mächte spielte dieselbe
bereits in den mannigfaltigsten Variationen; der Fehler war nur
der, daß Virtuosen und Kapellmeister des deutschen Reichs Stümper
waren, die sich den Staatsmännern Ludwig XIV. in keiner Weise
gewachsen zeigten.
Während man von Seite der kaiserlichen Regierung auf den
Vorschlag Ludwigs XIV. einging, über die durch die Reunions-
kammern bewirkten Gewaltsamkeiten einen internationalen Congreß
in Frankfurt zusammentreten zu lassen, bei welchem Kurfürsten und
Fürsten, auch Städte vertreten waren, wurde gleichzeitig der fran-
zösischen Intrigue eine österreichische entgegengestellt, welche doch nur
dann einen Erfolg hätte haben können, wenn eine reelle Macht
hinter den guten Absichten zu finden gewesen wäre. Die ssterreichische
Politik machte einen Anlauf als Schützerin des Reiches sich in
Straßlurg sehr laut vernehmen zu lassen, aber die für eine solche
Relle nötigen Truppen standen nur auf dem Papier der Depeschen,
welche in der Sache geschrieben wurden. Es war vielleicht eine
der unglücklichsten Stunden für Straßburg und das deutsche Reich
zugleich, als der österreichische Gesandte Baron von Mercy in Straß-
burg anlangte und an den Rath mit den weitgehendsten Zumutungen
herantrat, österreichische Truppen zum Schutze der Stadt aufzunehmen;
die Unterhandlungen wurden auch nicht glücklich geführt und es war
dafür gesorgt, daß sie sofort die allergrößte Publicität erhielten.
Baron Mercy war ein schwerfälliger den Verkehr auch in solchen
Lagen mit ängstlichen Formen umgebender Diplomat, der Monate
lang mit der größten Gründlichkeit die Vorfrage noch nicht zu er-
lerigen im Stande war, ob der Magistrat von Straßburg überhaupt
die Aufnahme von kaiserlichen Truppen eigentlich zugestehe oder
nicht. Der französische Gesandte konnte wiederholt berichten, daß
der Stadtrath sich mit Baron Mercy nicht einigen könne und wolle,
während dieser steife Vertreter des Reiches sich nicht von der Stelle
rührte und die Frankfurter Conferenzen gleichzeitig von einem Monat
zum andern verschoben wurden.