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Herder stand ferner, er war krank und verdrießlich, nur Goethe
und Jung durften ihm nahen. Ihm gefiel es nicht in Straßburg.
Er erklärte es für den elendesten, wüstesten, unangenehmsten Ort,
den er in seinem Leben gefunden. Was in dem jungen Freunde
steckte, der ihn so aufmerksam anhörte und so geduldig ertrug, ahnte
er — fortwährend mit sich selbst beschäftigt — nur erst von feme.
Die Andern aber um Goethe her stehen schon unter seinem Ein-
fluß: Jung-Stilling, den sein bewunderter Freund eigentlich erst zum
Schriftsteller machte; der unglückliche Lenz, der den größeren uner-
reichlichen Genessen so beneidete; der Straßburger Leopold Wagner,
der den Stoff zu seiner „Kindermörderin“ dem noch ungeschriebenen
Faust entwendete.
Auch nachdem Goethe aus Straßburg weg ist, merkt man noch
seinen nachwirkenden und aus der Ferne herüberwirkenden Einfluß.
In Salzmanns „Gesellschaft zur Ausbildung der deutschen Sprache“
(sie war die Fortsetzung von litterarischen Kränzchen, die schen zu
Anfang der sechsziger Jahre begonnen hatten) wurden Goethes Ten-
denzen gepflegt. Hier las Wagner seine roh naturalistische Kindes-
mörderin. Hier las Ramond aus Celmar seine französisch abge-
faßten, aber im Styl des Göt gehaltenen historischen Dramen. Hier
las Lenz Uebersetzungen aus Syhakspeare, Uebersetzungen englischer
Balladen, Briefe über die Moralität der Leiden des jungen Werther
und verschiedene Reden über die Herrlichkeit der deutschen Sprache
und über ihre Kräftigung aus den Volksmundarten. Er meint, die
Deutschen seien dazu gemacht, in Werken des Geistes Gesetzgeber
aller benachbarten Nationen zu werden. Und er spricht das schöne
Wort: „Der Geist, meine Herren, leidet keine Naturalisationen,
der Deutsche wird an der Küste der Kaffern so gut als in Diderots
Insel der Glückseligkeit immer Deutscher bleiben und der Franzose
Franzos.“ Ob das wahr ist für die Elsässer, von denen er es sagt?
Wir hoffens.
Goethe aber, als er vierzig Jahre später auf diese Zeit zurück-
blickte und in seiner Lebensgeschichte den Straßburger Aufenthalt