Zwanzigstes Kapitel.
Französische Verwaltung.
Auch noch im 18. Jahrhundert, da das Elsaß ganz zur fran-
zösischen Provinz herabgefunken war, machte sich das deutsche Cultur-
leben wie sich soeben gezeigr hat, hier in selbständiger Weise geltend.
Das ganze geistige Dasein des Volkes zog seine Nahrung aus den
Wurzeln, welche tausendjährig im deutschen Boden gewachsen waren.
Alle Versuche der Franzosen, die Eigenthümlichkeit des alten Stam-
mes auf dem Gebiete der Wissenschaft und Litteratur zu überwäl-
tigen, scheiterten selbst in einer Zeit, wo ihre große classische Periode
bereits eingetreten, Deutschland im ganzen überflügelt, und franzö-
sische Sprache und Litteratur zum höchsten Einflusse, den sie je
erreichten, unter uns gelangt waren. Selbst in dieser Zeit bewahrte
das Elsaß seine geistige Eigenart.
Und dennoch kann man nicht verkennen, daß die Assimilirung
des deutschen Landes unbedingte Fortschritte machte. Wo lagen die
Quellen, die Ursachen, dieser eigenthümlichen Erscheinung? — Auf
dem Gebiete des politischen Lebens, in dem Wirken ihrer Regie-
rungen und Staatsmänner zeigten sich die Franzosen den Deutschen
gewaltig überlegen; ja die Geschichte muß es unparteiisch anerkennen,
wie entschlossen, klug und geschickt die französischen Machthaber vor-
Fingen, um das fremdartige Element ihrem Staate nicht bloß ein- und
unterzuordnen, sondern vor allem dienstbar und dienstwillig zu machen.