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knechte und Barbaren an. Alle Berechnungen auf die einstige
Deutschheit dieser Länder erwiesen sich ebenso täuschungsvoll, als zur
Zeit des österreichischen Erbfolhekrieges. So hat die Geschichte die
auffallende Thatsache zu verzeichnen, daß, während beide Parteien,
sowol die französischen Jakobiner wie auch die Oesterreicher von den
Bewohnern des alten Reichslandes fortwährend den Verdacht hegten,
sie würden bei erster Gelegenheit von Frankreich abfallen, das elsäf-
sische Land vielmehr durch die folgenden Kriege recht mit Frankreich
verschmolzen wurde.
Auch in den nächsten Jahren, als Moreau die franzssische Rhein-
armee commandirte und der Krieg gegen Oecsterreich in Deutschland
unentschieden geführt wurde, hielt man im Elsaß zähe an der Ver-
bindung mit Frankreich fest. Dann aber, als die Nachrichten von
den Siegen des großen Feldherrn aus Italien nach Frankreich ge-
langten, stürzte sich das elsässische Volk mit altgermanischer Ueter-
schwänglichkeit in den kriegerischen Enthusiasmus des Napoleonischen
Zeitalters hinein. Indem zahlreiche Elsässer in dem Heere Nape-
leons I. zu hohen Officierestellen gelangten, wurde das Land ganz
und gar von den Ideen des französischen Ruhmes erfüllt. Es war
zur Ehrensache geworden, Franzose zu sein und zu heißen, und der
ersten Nation Europas anzugehören.
Es war zur Zeit des Rastadter Congresses als Napoleon zum
erstenmale nach Straßburg kam und als gefeierter Held und Retter
Frankreichs von den guten Bürgern im Gasthofe zum rothen Hause
wo er algestiegen war, angestaunt wurde.
Wenn aber der Bonapartismus die allertiefsten Wurzeln schlug,
so war dies nicht allein Folge der kriegerischen Lorbeeren, sondern
auch der Flücklichen materiellen Verhältnisse, welche Consulat und
Kaiserreich zu schaffen wußten. Die französische Revolution hatte
den Elsässern ein ungeheures Handelsgebiet eröffnet, dessen Ergiebig-
keit in dem von der Natur so reich gesegneten Lande etwas durch
alle Jahrhunderte unbekanntes gewesen war. Allein die Drangsale
der Revolutionszeit hatten diese Vortheile nicht zur Entfaltung kom.