Object: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Erwerbung des Eigenthums. 505 
5. 2. Zuständig ist dasjenige zur Ausübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit bernseue Gericht, im 
Bezirk des Appellationsgerichtshofes zu Köln dasjeuige Friedensgericht, in dessen Bezirk der Erblasser 
zur Zeit seines Todes seinen ordentlichen Gerichtsbof gehabt hat. 
§. 3. Der Antragsteller hat den Tod des Erblassers und das persönliche Berhältniß zu demsel- 
ben, auf welchem sein Erbrecht beruht, soweit die Thatsachen nicht notorisch sind, durch öffentliche Ur- 
kunden oder, wo solche gar nicht oder schwer zu beschaffen sind, durch Zengen, wohin auch Notorie- 
tätszeugen zu rechnen, Überzeugend nachzuweisen. 
Der Erbe hat dem Gericht eine eidesstattliche Bersicherung, 
daß ihm andere gleich nahe oder nähere Erben nicht bekannt seien, er auch nicht wisse, daß der 
Erblasser eine letztwillige Verfgung hinterlassen habe, 
abzugeben. Diese Erklärung muß zu gerichtlichem oder notariellem Protokoll aufgenommen sein. 
Sind mehrere Erben vorhauden, so bleibt es dem Ermessen des Gerichts überlassen, diese Ver- 
sicherung von allen oder nur von einem oder mehreren Miterben zu verlangen. 
In den Landcstheilen des Gemeinen Rechts wird hinsichtlich einer bei der Erbschaft in Betracht 
kommenden Person, welche beim Anfall der Erbschaft das siebenzigste Lebensjahr Überschritten haben 
würde, und von deren Leben oder Tod keine Nachricht zu erhalten ist, angenommen, daß sie den An- 
fall der Erbschaft nicht erlebt habe. 
Zur Ergänzung des Nachweises kann das Gericht geeigneten Falles, ein öffentliches Ausgebot der 
unbekannten Erben veranlassen?). 
§. 4. In dem Aufgebot find alle diejenigen, welche nähere oder gleichnahe Erbansprüche an den 
Nachlaß zu haben vermeinen, aufzufordern, ihre Ansprüche bis zu einem bestimmten Termiue anzu- 
melden, und zwar unter der Verwarnung, daß nach Ablauf des Termins die Ausstellung der Erb- 
bescheinigung erfolgen werde. Der Termin ist mindestens auf drei Moitate hiuaus zu bestimmen. 
Die Bekanntmachung erfolgt durch eine oder mehrere Anzeigen in öffentlichen Blättern nach dem Er- 
messen des Gerichts, sowie durch Anschlag an der Gerichtsstelle. Em Ausschluß= Urtheil ergeht nicht. 
§. 5. Das Gericht hat, wenn es das Erbrecht für nachgewiesen erachtet, eine urkundliche Beschei- 
nigung darüber auszufellen. 
Liegt eine letztwillige Anordnung vor, welche, ohne Erben einzusetzen, über den Nachlaß oder ei- 
nen Theil desselben Verfügung trifft, so hat der Richter die betreffende Urkunde in der Erbbescheini- 
gung zu bezeichnen. 
6é 6. Die Rechte des wahren Erben werden durch die Erbbescheiuigung nur darin beschränkt, 
daß er die von dritten Persouen redlicher Weise mit dem in der Erbbescheinigung benaunnten Erben 
Über den Nachlaß vorgenommenen Rechtsgeschäfte, insbesondere auch die demselben von Nachlaß-Schuld- 
nern geleisteten Zahlungen, gegen sich gelten lassen muß. 
Derselbe hat jedoch, wenn eine freigebige Verfügung unter Lebendigen oder von Todeswegen den 
— — 
**) (5. A.) Der §. 3 rief eine längere Spezialdebatte hervor. Derselbe lautete: „Der Antrag- 
steller hat den Tod des Erblassers und das persönliche Verhältniß zu demselben, auf welchem sein Erb- 
recht beruht, soweit es nicht notorisch ist, durch öffentliche Urkunden oder, wo solche gar nicht oder 
schwer zu beschaffen sind, durch Zeugen, wohin auch Notorietätszeugen zu rechnen, überzeugend nach- 
zuweisen. Der Erbe hat dem Gericht eine eidesstatiliche Versicherung, daß ihm andere gleichnahe oder 
nähere Erben nicht bekannt seien, er auch nicht wisse, daß der Erblasser eine letztwillige Verfügung 
binterlassen habe, abzugeben. Diese Erklärung muß zu gerichtlichem oder notariellem Protokoll aufO 
genommen sein. — Sind mehrere Erben vorbanden, so bleibt es dem Ermessen des Gerichts über- 
lassen, diese Versicherung von allen oder nur von einem oder mehreren Miterben zu verlangen. — 
Zur Ergänzung des Nachweises kann das Gericht geeigneten Falls ein öffentliches Aufgebot der unbe- 
kannten Erden erlassen.“ — 
Hierzu beanragte Abg. Lesse, a. statt der Worte „so weit es nicht notorisch ist“ zu setzen: „so- 
weit die Thatsachen nicht notorisch sind“ — und b. als Absatz 4 einzuschalten: 
„In den Landestheilen des gemeinen Rechts wird hinsichtlich einer bei der Erbschaft in Betracht 
kommenden Person, welche beim Anfall der Erbschaft das siebenzigste Lebensjahr Überschritten haben 
würde, und von deren Leben oder Tod keine Nachricht zu erhalten ist, angenommen, daß sie den An- 
fall der Erbschaft nicht erlebt habe.“ 
Beide Amendements werden angenommen. Alle sonstigen Anträge werden abgelehnt.
	        
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