Rechte des
Finders und
434 Erster Theil. Neunter Titel.
F. 77. Meldet sich vor dem Aufgebote Jemand als Eigenthümer zu dem gefun-
denen Schatze, oder als dessen Erbe, kann aber sein Recht nicht binmen sechs Wochen
vollständig nachweisen; so muß dennoch mit der öffentlichen Vorladung verfahren werden.
5. 78. Inzwischen bleibt dem Ansprechenden die weitere Aveführng seines
Rechts 7), auch während des Aufgebotes, vorbehalten.
5. 79. Es bedarf keines Aufgebotes, wenn aus der Beschaffenheit des entdeckten
Schatzes selbst sich ergiebt, daß derselbe schon seit Einem oder mehreren Jahrhunderten
verborgen gewesen sei.
5. 80. Doch muß der Richter die Umstände, woraus dieses erhellen soll, jedes-
mal genau prüfens), und wenn es ein Unterrichter ist, von dem Landes-Justizkolle-
gio der Provinz Vorbescheidung: ob mit dem Aufgebot verfahren werden soll, oder
nicht, einholen 2).
5. 81. Ist der Eigenthümer des Schatzes nicht auszumitteln, so gehört der
des Eigen= Schatz, in sofemm derselbe aus Sachen besteht, die vom gemeinen Verkchr nicht ausge-
thümere, auf
deisen
Grunde ein
Schas ge-
sunden
worden.
nommen sind, demjenigen, welcher ihn auf seinem eigenen Grunde gefunden hat.
§. 82. Hat Jemand einen Schatz auf fremdem Grunde, jedoch ohne besonderes
Nachsuchen, gefunden 1°0), so gebührt die eine Hälfte dem Finder, und die andere dem
Eigenthümer des Grundes 11).
— — —
urtel niche erforderlich sei, vielmehr das Verfahren mit dem Ablaufe des Präklusivtermint endige.
Das harmonirt zwar nicht mit den allgemeinen prozessualischen Grundsätzen des preuß- Aufgebots-
prozesses, in welchem nicht der Ablauf der Präklusivfrist ipso jure wirken, sondern — abweichend
von den Grundsätzen des G. R. — erst ein förmlicher Richterspruch die Rechte der unbekannten Be-
rechtigten ausschließen soll. Doch muß man, weil prozessualische Formen nur durch positive Vorschrif-
ten entstehen, diese Abnormität bei Schätzen anerkennen, wenngleich in dieser Hinsicht zwischen einem
Schatve und einer gefundenen Sache rechtlich kein Unterschied ist; denn das Aufgebot und das f. g.
Zuschlagserkenntniß haben keinen anderen Zweck und auch keine anderc juristische Bedeutung als die
Feststellung der Herrenlosigkeit der Sache. S. o. Anm. 28 zu §. 55. Man darf bei wilkkürlicher
afuistik keine konsequente Anwendung eines Rcchtsprinzipes erwamen.
7) Erzen den Eigenthümer des Grundstücks und den Finder, wenn diese Anspruch auf den Schatz
machen. Machen sie keinen Anspruch, so hat der Prätendent keinen Gegner, folglich fällt das Rechts-
verfahren, außer dem Aufgebote, weg. J
8) Dazu ist die Vorlegung der Sachen nothwendig; der Augenschein kann durch unzuverlässige
Beschreibung nicht ersetzt werden. Die Ablieferung unterbleibt oft, weil man sich noch immer nicht
daran gewöhnt hat, die Polizei für den allgeminen Familienvater zu halten, dem man sein Eigen-
thum und seine Handlungen unterordnen müste: und die Leute wundern sich, wenn nachträglich, wo#“
nichts mehr von dem Schatze vorhanden ist, die Gerichte sich noch einmischen. In einem Dorfe bei
Neisse hatte 1850 der Todtengräber auf dem Kirchhofe, bei dem Machen eines Grabes, etwa 60 Gold=
münzen gesunden, und mit dem Pfarrer, als Vertreter der Kirche, ohne Weiteres getheilt. Einige
Zeit nachher zeigte der Psarrer, auf Veranlassung seiner Oberen, den Fund dem Gerichte an; und
als nun das Gericht, weil die Münzen bereits verkauft und eingeschmolzen worden waren, Verneh-
mungen üÜbber die Beschaffenheit des Fundes veranlaßte und zur Bestreitung der Auslagen für das
Aufgebot von dem Pfarrer — der Todtengräber hatte nichts — einen Vorschuß einzog, da entstand
große Verwunderung.
9) Diese Vorschrift paßt nicht zur Selbstständigkeit der Gerichte; sie hängt zusammen mit der
alten Verfassung, wonach die eigentliche Richtergewalt nur bei den Landeegrrichten, welche vermö
der dereaukaristzen Regierungsgewalt die Sonder = und Eigenthurnsgerichte in fortwährender Geaul-
sichtigung und Abhängigkeit hielten, gedacht wurde.
10) Das Finden, wenn es ein erlaubtes ist, nicht die körperliche Besltergreifung, giebt das
Finderrecht, und das Finderrecht ist es, welches den Anspruch auf ein Miteigenthum begründet, wenn
das Finden die wirkliche Okkupation durch den Finder oder durch den Grundbesitzer zur deis hat.
Entdeckt z. B. ein Dienstbote zusällig einen Schatz in dem Besitzthume seines Herrn, und Herr,
davon in Keuntniß gesetzt, hebt den Schatz ohne Zuziehung des Dienstboten, so kann er den Antheil
des Finders dem Dienstboten mit Reche nicht vorenthalten. Kind theilt in Qunsest. forens. III. c. 50,
S. 332, ed. 1 einen solchen Fall mit, welcher von dem Dresdner App.-G. 1798 nach den Grund-
sätzen des G. R. entgegengesetzt entschieden worden ist. Ich dalte die Entscheidung für unrichtig.
Denn der Fund ist etwas so Wesentliches, daß ohne ihn der Grundeigenthümer auch nichte erwer-
ben konnte; und der Herr handelt dolose (vl vel clam), wenn er die Entdeckung benutzt, um für sich