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zu Colmar den Zoll seiner Verehrung dar in der sogenannten
Chronik von Colmar, welche die Geschichte Rudelfs und seiner beiden
Nachfolger im Reich bis 1304 erzählt. Das Buch ist dem Anscheine
nach mit Sachkenntnis geschrieben und liest sich wie eine Reihe von
Novellen mit lebhaftem Dialeg und allerlei pikantem Aufpu#z.
Diese Mönche kamen überall umher, verkehrten mit allen Ständen,
vom Kaiser bis zum Bettler, wurden zu manchem benutzt, in vieles
halb eingeweiht, den Rest mochten sie errathen. Man empfängt
bei der Schrift den Eindruck, als ob eine Anzahl solcher weitge-
reister Herren sich eines schönen Tages bei einem guten Diner zu-
sammenfinden und sich gegenseitig ihre Geschichten auftischen, mög-
lichst in dem Ton von Leuten, die dabei gewesen sind: ungefähr
wie englische Reporters, die sich in den Hauptquartieren kriegfüh-
render Mächte aufhalten dursten.
Ein anderer Dominicaner von Colmar verfaßte geographisch-
statistische Arbeiten über Deutschland und das Elsaß, sowie Annalen
bis 1305. Der Mönch macht seine Aufzeichnungen von Jahr zu
Jahr mit der Naivetät eines jungen Mädchens, das ihr Tagebuch
führt und ein neues Kleid, das sie bekemmt, mit derselben Wichtig-
keit einträgt, wie die Capitulation von Sedan. Wenn man sich
den Inhalt einer Zeitung bunt durcheinander gewürfelt denkt, jetzt
ein Stück Feuilleton, dann ein Stück Inland, jetzt ein Stück Tages-
neuigkeiten, dann ein Stück Ausland, jetzt ein Stück Volkswirth=
schaftliches, dann ein Stück Meteorologisches: so bekommt man un-
gefähr ein Bild dieser sonderbaren Arbeit.
Jedenfalls aber liefert sie mit ihren Notizen aus allen Lebens-
gebieten den Beweis, wie vielfeitig die Interessen dieser Mönche
waren. Wie sollten sie auch nicht? Albert der Große, ein schwä-
lischer Edelmann, den seine Zeit den Doctor universalis nannte,
den die unfrige mit Alexander ven Humboldt vergleicht, ein Mann,
der den ganzen Umfang des damaligen Wissens beherrschte wie kein
Zweiter, und der namentlich in der Naturferschung Epoche machte,
Albert der Große, war auch ein Dominicanermönch. Seine mannig-
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