69
Aber ganz außerordentlich muß der Einfluß dieser Moͤnche auf
das Volk gewesen sein. Insbesondere auf die Frauen. In Straß-
burg hatten die Dominicaner sieben Nonnenklöster und nur ein
Männerkloster. Das dominicanische Nonnenkloster Unterlinden zu
Celmar war eine wahre Hochschule fremmer Gefühle und über-
irdischer Zustände. Der Orden der Büßerinnen wurde den Demini-
canern unterstellt, weil sie bei diesen am liebsten zur Beichte gingen
und sich geistlichen Rath erholten. Bruder Heinrich, Prior im
benachbarten Basel, dichtete deutsche Lieder eigens für gute und
fromme Frauen.
Ganz vorzüglich waren es vornehme Damen, welche sich durch
die aristokratischeren Dominicaner angezogen fühlten: während die
armen und geringen sich lieber an die volksthümlicheren Franciscaner
hielten. In Straßlurg bestanden schon seit der zweiten Hälfte des
dreizehnten Jahrhunderts drei vernehme Beginenhäuser, auf An-
regung der Dominicaner errichtet und unter ihre Aufsicht gestellt.
Diese Häufer sind den adligen Damenstiftern vergleichbar: Vereine
von reichen Wittwen und Jungfrauen, die freiwillig zusammentraten,
um gemeinsam ein ruhiges und beschauliches Leben zu führen, ohne
sich gerade Entbehrungen auferlegen zu wollen. Ihre Tafel war
nicht schlecht besetzt, sie hatten ihr Silbergeschirr, ihren Schmuck,
ihre Dienerinnen, sie luden sich Gäste zu Tische, unternahmen Bade-
reisen, und kein Gelülde trennte sie auf ewig von allem irdischen
Glück. Aber das einfache graue wollene Kleid und der lange Schleier
deuteten auf Weltverschlossenheit, und sie werden gerühmt als „gar
schweigsame, einfältige, gutberzige Frauen von gar großem inwendigem
Ernst, so daß ihnen Gett gar heimlich war mit seiner Gnaden“.
Solche Frauen hatten vielleicht die höchsten geistigen Bedürfnisse,
welche damals vorkamen. Doas geistreiche Salongetändel der ritter-
lichen Zeit war abgerhan, aber mit nicht minderem Geist und eben
solcher Feinheit forschten jetzt im Verkehr mit erleuchteten Predigern
tiefere Naturen nach dem Ewigen.
Für diese Kreise war es ohne Zweifel ein Ereignis, als der be-