Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Das Ringen um die Entscheidung 103 
  
gegen die Grenzlinie Janow—Chorshele zurück. Der Russe drängte weniger 
gegen Norden als auf Mlawa überaus scharf vor. 
Ortliche Führer faßten die Besetzung der im Ausbau befindlichen 
Grenzstellung südlich Neidenburg—Willenberg ins Auge. Ich hielt das 
I. R. K. weiter südlich fest. Es kam nun auch hier zu erbitterten Kämpfen. 
Der Russe griff bis zum 7. März zwischen Mlawa und Chorshele un- 
aufhaltsam unter den schwersten Verlusten vergeblich an. 
Es wurde um diese Zeit an der ganzen ost= und westpreußischen Ost- 
und Südfront gekämpft. Die 10. Armee war zurückgeschwenkt und setzte 
gerade den Gegenangriff nördlich des Augustower Waldes an. Bei Lomsha 
war die Krise im Abflauen, zwischen Pissa und Mlawa noch keineswegs 
behoben. Jeder Tag brachte mir eine Unsumme von taktischen und anderen 
Entscheidungen. Die Bitten der Führer an der Südfront um Unterstützung 
ließen nicht nach, die 10. Armee hielt noch eigene, allerdings nur örtliche 
Erfolge für möglich und gab deshalb nur ungern Truppen fort. 
Bei General v. Gallwitz und dem rechten Flügel der 8. Armee waren 
inzwischen die weiteren Verstärkungen von der 10. Armee her eingetroffen. 
Wir waren jetzt kräftig genug, um zu beiden Seiten des Orshitz einen 
Gegenangriff gegen den durch die schweren Verluste der letzten Tage ge- 
schwächten Feind zu führen. 
Unser Stoß drang vom 8. bis 12. März vorwärts und kam nördlich 
Prassnysch zum Stehen. Der Russe antwortete mit heftigen Gegenangriffen. 
Am 18. März belehrte er unsere Truppen bei Jednoroshetz, daß der Sumpf 
kein sicherer Schutz gegen den Feind sei. Unsere Soldaten verbanden mit 
dem Begriff Sumpf den Begriff des Versinkens, der Russe als Naturkind 
wußte es besser. Die Sümpfe in jenen Kampfgebieten froren nur zum 
Teil zu, zum Teil lagen sie in geringer Höhe auf einer undurchlässigen 
Schicht und blieben durchwatbar. 
Westlich des Orshitz flaute der Kampf Ende März ab. Es wurde hier 
möglich, die 76. Res. Div. herauszuziehen und sie noch östlich des Flusses 
einzusetzen. Auch die 6. Kav. Div. konnte westlich des Orshitz freigemacht 
werden, sie wurde nördlich des Pregel nötig gebraucht. 
Die Armeeabteilung Gallwitz hatte Großes geleistet, und auch dieser 
Führer konnte mit Recht stolz auf seine Truppen sein. Sie hatten sich einer 
außerordentlichen Überlegenheit erwehrt und sie sogar zurückgedrängt. 
Von Ende März und Anfang April ab fanden die Truppen der ganzen 
Südfront endlich die ersehnte Ruhe. 
Die Kämpfe von Lomsha bis Mlawa sind weniger bekannt geworden. 
Im Osten dachte Deutschland nur an große Schlachtenerfolge. Diese waren 
nicht mehr in so augenfälliger Weise zu erringen. Der große Gegenzug 
des Großfürsten gegen die Winterschlacht, der Angriff über den Narew
	        
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