Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

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Der Sommerfeldzug gegen Rußland 1915. 
(Karte VI.) 
J. 
er im Januar von General v. Conrad beschlossene Angriff hatte keinen 
Erfolg gehabt. Im ersten Anlauf war auf dem ganzen Karpathen— 
kamm Gelände gewonnen, dann aber Stillstand eingetreten. Der Russe 
schritt zu seinem Gegenangriff und setzte der k. u. k. Armee hart zu, nur 
die tapfere deutsche Südarmee unter General v. Linsingen arbeitete sich 
immer weiter vor. Ohne diese deutschen Truppen wäre die Lage nicht 
gehalten worden. Die Schwierigkeiten des Kriegsschauplatzes im Winter 
waren gewaltige. Sie erlegten der Truppe, die Wunderdinge leistete, 
ungeheure Anstrengungen auf. Der Abgang durch Frostschäden war groß. 
Przemysl wurde nicht entsetzt, es fiel am 19. März. 
Während die Angriffe gegen das deutsche Land östlich der Weichsel 
Anfang April abflauten, setzte der Großfürst seine Angriffe gegen die k. u. k. 
Armee mit dem ausgesprochenen Ziel fort, über die Karpathen nach Ungarn 
hinabzusteigen und damit Österreich-Ungarn zu Boden zu werfen. 
Bei dem Oberkommando in Teschen wurde im April die militärische 
Lage der Doppelmonarchie als ungemein bedenklich angesehen. Italiens 
Haltung war immer zweifelhafter geworden. Es hatte alle weitgehenden 
Angebote Österreich-Ungarns, die auch ich beim General v. Conrad befür- 
wortet hatte, abgelehnt und war ganz in die Netze der Entente geraten. 
Diese brauchte trotz ihrer Überlegenheit neue Hilfskräfte, um unser Herr 
zu werden. Mit dem Eintritt Italiens in den Kampf auf seiten unserer 
Feinde mußte immer bestimmter gerechnet werden. Österreich-Ungarn 
sah sich genötigt, seine Truppen an der italienischen Grenze erheblich zu 
verstärken; auch die serbische Armee schien wiederum mehr Beachtung zu 
fordern. Ein russischer Angriff mußte die k. u. k. Armee um so empfind- 
licher treffen, je mehr sie sich zugunsten anderer Fronten in Ungarn und 
Galizien zu schwächen genötigt war. Die Stimmung in Teschen sank immer 
mehr. Der k. u. k. Verbindungsoffizier schilderte uns auf Befehl des Ge- 
nerals v. Conrad hin die Lage als hochernst. Nach meiner Kenntnis des 
österreichisch-ungarischen Heeres traf dies zu. Wir gaben die ernsten Auße- 
rungen und unsere Auffassungen an die Oberste Heeresleitung weiter. 
Mitte April wurde die Lage in den Karpathen noch gespannter. Die
	        
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