Der Vorstoß nach Litauen und Kurland 111
feindlichen Widerstand hier nicht mehr brechen und blieb zunächst süd-
westlich Mitau stehen. Sie wich später längs der Eisenbahnstrecke Mitau—
Moscheiki hinter die Windau aus. Die 3. Kav. Div. wurde bald angehalten
und der bayer. Kav. Div. nachgezogen. Beide stießen nunmehr gemeinsam
von Schaulen in südöstlicher Richtung über Beissagola auf Keidany vor. Hier
aber verdichtete sich der feindliche Widerstand. Sie gingen nun langsam vor
dem vordrückenden Gegner hinter die Dubissa in Richtung Kjelmy zurück.
Auch die Infanterie-Divisionen hatten außerordentliche Marschleistun-
gen aufzuweisen. Die 36. Res. Div. wurde zur Sicherung gegen Kowno
an die untere Dubissa vorgeschoben, während die 78. und 6. Res. Div. bei
Schaulen vereinigt wurden. ·
Der Zweck des kühnen Unternehmens war erreicht. Zusehends ver-
stärkte sich der Russe.
Es kam für die Folge an der Dubissa von der Mündung bis Kjelmy
hin, um Schaulen und nordwestwärts bei ausgedehnten Fronten zu einer
Reihe spannungsreicher und für Führung und Truppen aufreibender
Kämpfe, die sich über die Monate Mai und Juni hinzogen. Sie wurden
unserseits in großer Unterlegenheit verteidigungs= und angriffsweise ge-
führt, veranlaßten uns aber allmählich, um das Gewonnene zu halten und
den Feind weiter zu fesseln, noch die 8. Kav. Div. der 9. Armee, die 1. Res.
Div. und 2. Kav. Div. der Armeeabteilung Gallwitz und die schwache Divi-
sion Beckmann der 10. Armee nördlich des Njemen einzusetzen. Die Trup-
pen verstärkten sich damit derartig, daß sie unter einem Armee-Oberkom-
mando mit seinen zahlreichen Verwaltungsbehörden zusammengefaßt wer-
den mußten; ein Generalkommando genügte nicht mehr. General Otto
v. Below wurde Oberbefehlshaber, die Armee erhielt den Namen „Njemen-
Armee“.
An seiner Stelle erhielt General v. Scholtz den Befehl über die 8. Armee.
Die Dubissa-Linie behaupteten wir in harten Kämpfen. Schaulen
konnte auf die Dauer nicht gehalten und nur ein Teil der sehr reichen und
für uns so überaus wichtigen Ledervorräte zurückgeschafft werden.
Wir mußten die Stadt schon im Mai dem Feinde wieder überlassen
und blieben hart südlich von ihr. An der Windau von Kurschany abwärts
bis in Höhe von Hasenpot stand unsere Kavallerie, sie wurde zuweilen vom
Gegner durchbrochen, hielt aber doch schließlich die Flußlinie.
Die 3. Kav. Brig. hatte am 7. Mai abends Libau genommen. Wir
wußten wohl, daß die russischen Truppen dort nur höchst geringen
Wert hatten, aber nicht, wie der Zustand der Werke war. Als Kriegshafen
war Libau schon vor dem Kriege aufgegeben. Die weiten militärischen
Hafenanlagen zeigten die Großzügigkeit des zaristischen Rußlands auf allen
Gebieten, auf denen es sich um Machtentfaltung handelte. Die Stadt ent-