Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Der Vorstoß nach Litauen und Kurland 111 
  
  
  
feindlichen Widerstand hier nicht mehr brechen und blieb zunächst süd- 
westlich Mitau stehen. Sie wich später längs der Eisenbahnstrecke Mitau— 
Moscheiki hinter die Windau aus. Die 3. Kav. Div. wurde bald angehalten 
und der bayer. Kav. Div. nachgezogen. Beide stießen nunmehr gemeinsam 
von Schaulen in südöstlicher Richtung über Beissagola auf Keidany vor. Hier 
aber verdichtete sich der feindliche Widerstand. Sie gingen nun langsam vor 
dem vordrückenden Gegner hinter die Dubissa in Richtung Kjelmy zurück. 
Auch die Infanterie-Divisionen hatten außerordentliche Marschleistun- 
gen aufzuweisen. Die 36. Res. Div. wurde zur Sicherung gegen Kowno 
an die untere Dubissa vorgeschoben, während die 78. und 6. Res. Div. bei 
Schaulen vereinigt wurden. · 
Der Zweck des kühnen Unternehmens war erreicht. Zusehends ver- 
stärkte sich der Russe. 
Es kam für die Folge an der Dubissa von der Mündung bis Kjelmy 
hin, um Schaulen und nordwestwärts bei ausgedehnten Fronten zu einer 
Reihe spannungsreicher und für Führung und Truppen aufreibender 
Kämpfe, die sich über die Monate Mai und Juni hinzogen. Sie wurden 
unserseits in großer Unterlegenheit verteidigungs= und angriffsweise ge- 
führt, veranlaßten uns aber allmählich, um das Gewonnene zu halten und 
den Feind weiter zu fesseln, noch die 8. Kav. Div. der 9. Armee, die 1. Res. 
Div. und 2. Kav. Div. der Armeeabteilung Gallwitz und die schwache Divi- 
sion Beckmann der 10. Armee nördlich des Njemen einzusetzen. Die Trup- 
pen verstärkten sich damit derartig, daß sie unter einem Armee-Oberkom- 
mando mit seinen zahlreichen Verwaltungsbehörden zusammengefaßt wer- 
den mußten; ein Generalkommando genügte nicht mehr. General Otto 
v. Below wurde Oberbefehlshaber, die Armee erhielt den Namen „Njemen- 
Armee“. 
An seiner Stelle erhielt General v. Scholtz den Befehl über die 8. Armee. 
Die Dubissa-Linie behaupteten wir in harten Kämpfen. Schaulen 
konnte auf die Dauer nicht gehalten und nur ein Teil der sehr reichen und 
für uns so überaus wichtigen Ledervorräte zurückgeschafft werden. 
Wir mußten die Stadt schon im Mai dem Feinde wieder überlassen 
und blieben hart südlich von ihr. An der Windau von Kurschany abwärts 
bis in Höhe von Hasenpot stand unsere Kavallerie, sie wurde zuweilen vom 
Gegner durchbrochen, hielt aber doch schließlich die Flußlinie. 
Die 3. Kav. Brig. hatte am 7. Mai abends Libau genommen. Wir 
wußten wohl, daß die russischen Truppen dort nur höchst geringen 
Wert hatten, aber nicht, wie der Zustand der Werke war. Als Kriegshafen 
war Libau schon vor dem Kriege aufgegeben. Die weiten militärischen 
Hafenanlagen zeigten die Großzügigkeit des zaristischen Rußlands auf allen 
Gebieten, auf denen es sich um Machtentfaltung handelte. Die Stadt ent-
	        
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