128 Der Sommerfeldzug gegen Rußland 1915
hinauf ließ es nur ganz schwach besetzt. Zwischen Kjelmy und Schaulen
wurde das I. R. K. als Stoßgruppe zusammengezogen. Es folgte dann
Windau abwärts wiederum eine nur dünne Besetzung, der sich eine starke
Gruppe nördlich der Eisenbahn nach Libau anschloß. Hier standen 2 bis
3 Infanterie= und ebensoviel Kavallerie-Divisionen.
Am 14. Juli, als im nördlichen Polen Prassnysch gerade gefallen war
und weiter südlich der Russe noch westlich der Weichsel und südlich Lublin—
Cholm stand, überschritt General v. Below die Windau in der Absicht, die
bei Schaulen stehenden starken russischen Kräfte durch Vorgehen in Rich-
tung Mitau von Norden zu umfassen und von Südosten durch das I. R. K.
stark zu drängen, die schwache Mitte sollte sich zurückhalten. Der rechte
Flügel der Armee an der Dubissa hatte vorläufig abzuwarten und erst beim
Fortschreiten der Operation anzutreten.
Der Russe hatte anscheinend keinen Angriff erwartet und auch
dessen Ausdehnung nach Norden nicht erkannt. Er stieß in Rich-
tung Okmjany gegen die in der Mitte vorgehende 6. Res. Div. vor und
zwang sie zum Ausweichen nach Westen. Er war aber in seiner rechten
Flanke derart bedroht, daß er seinen Erfolg nicht ausnutzen konnte.
Die Infanterie-Divisionen des linken Flügels schlugen bereits am 17.
den Russen bei Autz, ließen sich dann aber durch die Ereignisse bei der
6. Res. Div. nach Süden ziehen; die Umfassung verlor dadurch an Wirkung.
In ununterbrochenen Kämpfen, die sich bis zum 23. Juli ausdehnten und
unter dem Namen der „Schlacht bei Schaulen“ zusammengefaßt sind,
wurde die 5. russische Armee über Schaulen hinaus auf Ponjewjesh zurück-
geworfen. Sie vermochte mit Teilen zu entkommen, da es der in ihren
Rücken gelangten deutschen Kavallerie an Feuerkraft fehlte. Ponjewjesh
wurde von uns bereits am 29. Juli besetzt. Auf dem linken Flügel streifte
die Kavallerie bis an den Rigaischen Meerbusen und schloß sich dem Vor-
gehen der Infanterie auf Mitau an, das am 1. August genommen wurde.
Weiter südlich war die Dubissa überschritten und bis zum 29. Juli die Linie
Kowno—Ponjewjesh erreicht.
Die rückwärtigen Verbindungen waren jetzt wieder zu festigen und die
Truppen mit Munition auszustatten. Die Kolonnen waren in großer
Zahl bei der 12. und 8. Armee eingesetzt und fehlten daher bei der Njemen-
Armee. Ihr weiteres Vorrücken ging jetzt langsamer vor sich. Am Tage
der Einnahme von Kowno stand sie an der Swjenta und Jara. Hier kam
es zu einem langen Halt, während der linke Flügel sich weiter gegen die
Düna vorschob. Südlich Riga behielt der Russe einen großen Brückenkopf,
der für uns lange ein Gefahrsmoment bleiben sollte, dagegen wurde in den
ersten Septembertagen die Düna zwischen Üüxküll und Friedrichstadt er-
reicht und der hier stehende Feind auf das jenseitige Ufer geworfen.