Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

6 Mein Denken und Handeln 
  
  
Stellung der Generale v. Moltke und v. Falkenhayn zur Regierung war 
im wesentlichen nicht anders als die des Generalfeldmarschalls und die 
meinige. 
Die Regierung ging ihre eigenen Wege und hat in Rücksicht auf das 
Wollen der Obersten Heeresleitung nichts unterlassen, was sie zu tun für 
angemessen hielt. Es geschah aber vieles nicht, was im Interesse der Krieg- 
führung als dringend notwendig bezeichnet war. 
Auf einigen Gebieten mußte die Oberste Heeresleitung schon gleich 
nach Ausbruch des Krieges handelnd hervortreten, wo dies Aufgabe 
anderer Stellen gewesen wäre. Das weite Gebiet der Presse, der Zensur, 
der Abwehr feindlicher Spionage und Sabotage daheim, sowie der Fest- 
stellung der auf Umsturz der Staatsordnung im Kriege hinarbeitenden 
Kräfte blieben zum Schaden der Kriegführung der militärischen Selbsthilfe 
überlassen. Unklarheit in der Zuständigkeit und Personalmangel hemmten 
die Initiative der zuständigen Behörden. Das tiefe Gefühl der Verantwor- 
tung trieb den Generalstab zur schaffenden Arbeit. Er war auch eher in 
der Lage, den Personalbedarf aus dem Heere, namentlich aus hierfür gut 
vorgebildeten Offizieren des Beurlaubtenstandes, zu decken. Die Leitung 
kam hiermit in die Hand des Generalstabes. Die Durchführung verblieb 
häufig in der Hand der heimischen Gewalten. Die Grenzlinie, hinter der 
die verantwortlichen Behörden sich für allein zuständig hielten, war nicht 
klar. Reibungen waren unvermeidlich. Eine klare entschlossene Führung 
im Innern, um die die Oberste Heeresleitung oft bat, hätte dies ausge- 
schlossen. 
III. 
Als Erstem Generalquartiermeister lag es mir oft persönlich ob, die 
Forderungen der Obersten Heeresleitung gegenüber der Regierung zu ver- 
treten. 
Um politische Persönlichkeiten und Parteien habe ich mich nicht be- 
kümmert. Jene Parteien, die immer nur von Verständigung sprachen, statt 
den Kriegswillen der Nation zu entfachen, sahen die Notwendigkeit der 
Forderungen der Obersten Heeresleitung nicht ein. Die Regierung dachte 
wie sie. Und so fanden sich Regierung und Mehrheitsparteien zusammen 
und lehnten mich mit meinem soldatischen Denken und Wollen innerlich ab. 
Es war klar, daß ich mehr Anhänger bei den Parteien fand, die gleich 
mir eine Verständigung gegenüber dem feindlichen Vernichtungswillen für 
nicht möglich hielten und daher für die höchste Energie in der Kriegführung 
eintraten. Ich habe mich nie an sie gewandt, aber sie vertrauten mir. 
Diese Parteien waren die rechts orientierte Minderheit. Darum stempelten 
mich die anderen, obschon ich nur an die Kriegführung dachte, zum „Re-
	        
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