6 Mein Denken und Handeln
Stellung der Generale v. Moltke und v. Falkenhayn zur Regierung war
im wesentlichen nicht anders als die des Generalfeldmarschalls und die
meinige.
Die Regierung ging ihre eigenen Wege und hat in Rücksicht auf das
Wollen der Obersten Heeresleitung nichts unterlassen, was sie zu tun für
angemessen hielt. Es geschah aber vieles nicht, was im Interesse der Krieg-
führung als dringend notwendig bezeichnet war.
Auf einigen Gebieten mußte die Oberste Heeresleitung schon gleich
nach Ausbruch des Krieges handelnd hervortreten, wo dies Aufgabe
anderer Stellen gewesen wäre. Das weite Gebiet der Presse, der Zensur,
der Abwehr feindlicher Spionage und Sabotage daheim, sowie der Fest-
stellung der auf Umsturz der Staatsordnung im Kriege hinarbeitenden
Kräfte blieben zum Schaden der Kriegführung der militärischen Selbsthilfe
überlassen. Unklarheit in der Zuständigkeit und Personalmangel hemmten
die Initiative der zuständigen Behörden. Das tiefe Gefühl der Verantwor-
tung trieb den Generalstab zur schaffenden Arbeit. Er war auch eher in
der Lage, den Personalbedarf aus dem Heere, namentlich aus hierfür gut
vorgebildeten Offizieren des Beurlaubtenstandes, zu decken. Die Leitung
kam hiermit in die Hand des Generalstabes. Die Durchführung verblieb
häufig in der Hand der heimischen Gewalten. Die Grenzlinie, hinter der
die verantwortlichen Behörden sich für allein zuständig hielten, war nicht
klar. Reibungen waren unvermeidlich. Eine klare entschlossene Führung
im Innern, um die die Oberste Heeresleitung oft bat, hätte dies ausge-
schlossen.
III.
Als Erstem Generalquartiermeister lag es mir oft persönlich ob, die
Forderungen der Obersten Heeresleitung gegenüber der Regierung zu ver-
treten.
Um politische Persönlichkeiten und Parteien habe ich mich nicht be-
kümmert. Jene Parteien, die immer nur von Verständigung sprachen, statt
den Kriegswillen der Nation zu entfachen, sahen die Notwendigkeit der
Forderungen der Obersten Heeresleitung nicht ein. Die Regierung dachte
wie sie. Und so fanden sich Regierung und Mehrheitsparteien zusammen
und lehnten mich mit meinem soldatischen Denken und Wollen innerlich ab.
Es war klar, daß ich mehr Anhänger bei den Parteien fand, die gleich
mir eine Verständigung gegenüber dem feindlichen Vernichtungswillen für
nicht möglich hielten und daher für die höchste Energie in der Kriegführung
eintraten. Ich habe mich nie an sie gewandt, aber sie vertrauten mir.
Diese Parteien waren die rechts orientierte Minderheit. Darum stempelten
mich die anderen, obschon ich nur an die Kriegführung dachte, zum „Re-