140 Das Hauptauartier des Oberbefehlshabers Ost in Kowno Oktober 1915 bis Juli 1916
gegeben und eine Armee gegen Serbien übernommen. Für ihn be-
fehligte die 12. Armee General v. Fabeck, der aus dem Westen ge-
kommen war.
Die 10. Armee schloß sich nach Norden bis an die Disna an. Nördlich
von ihr wurde unter General v. Scholtz, der die 8. Armee befehligt hatte,
die nach ihm benannte Armeegruppe gebildet. Ihr linker Flügel stand an
der Düna etwa halbwegs Dünaburg—Jakobstadt.
Den nördlichen Teil der Front und die Küstenbewachung hatte General
v. Below. Die NRjemen-Armee, deren Name nicht mehr paßte, wurde
8. Armee. Solche Umbezeichnung ist nicht so einfach, wie es sich hier
niederschreiben läßt. Es ist eine Reihe von Maßnahmen nötig, um Nach-
teile für die Gegenwart und Zukunft auszuschließen.
In dem Kriegshafen Libau richtete sich die Marine ein. Ihre Be-
fehlsbefugnisse daselbst bedurften besonderer Regelung.
In dem so für die Front festgelegten Rahmen erfolgte die Gruppie-
rung der unteren Verbände. Es war eine ganze Reihe weitgehender
Verschiebungen nötig. Da, wo die Schwerpunkte der großen Angriffs-
bewegungen gewesen waren, standen die Truppen zu dicht, an anderen
Stellen zu locker. Hier mußte ausgeglichen werden. Kavallerie-Divi-
sionen waren durch Infanterie-Divisionen zu ersetzen. Es dauerte
geraume Zeit, bis die Verschiebungen beendet waren und die Truppen
wenigstens dorthin kamen, wo sie bis auf weiteres bleiben sollten. Von
wirklicher Ruhe war aber vorläufig keine Rede. Die Stellungen mußten
ausgebaut werden. Die einzelne Truppe hatte dabei weite Räume zu halten.
Beides beanspruchte die Kraft der Soldaten. Die auszubauende Stellung
wurde im allgemeinen da gewählt, wo der Angriff erstarrt war. Nicht zu
haltende Punkte sollten aufgegeben werden. Führung und Truppe ent-
schließen sich nur schwer dazu.
Zwischen Wischnjew und der Disna, wohin der linke Flügel der
10. Armee zurückgeschwenkt war, konnten die Stellungen besser aus-
gesucht werden.
Der Stellungs= und Unterkunftsbau sowie das ganze Leben an der
Front litten unter der schlechten Eisenbahnlage. Der Russe hatte überall die
Bahnen gründlich zerstört. Die Brücken über den Njemen und die anderen
größeren Flüsse waren durchweg gesprengt, die Bahnhöfe verbrannt, die
Wasserversorgungsanlagen vernichtet, die Telegraphenleitungen umge-
legt. Der Bahnkörper war zum Teil aufgerissen, die Schwellen und
Schienen waren entfernt. Die Militär-Eisenbahnbehörden mit ihren Bau-
und Betriebstruppen, unterstützt von Telegraphentruppen für den überaus
wichtigen Leitungsbau, hatten eine ganz ungeheure Arbeit zu leisten. Der
Feldeisenbahnchef Ost, Oberst Kersten, wußte, wozu er da war.