Festigung der Fronten 141
Von größter Bedeutung wurde die Fertigstellung der Eisenbahnbrücke
bei Kowno. Sie war Ende September benutzbar und ist lange Zeit der
einzige Zubringer für die 10. und 12. Armee und den rechten Flügel der
Armeegruppe Scholtz gewesen. Damals war ich zufrieden, als ich für die
12. Armee nach Lida mit zwei Zügen täglich rechnen konnte, aber es stellte
sich nun als nicht einfach heraus, die Züge, die die Armee brauchte, wirklich
hinzubekommen. Auf den heimatlichen Bahnen herrschte eine schwere Ver-
kehrsnot. Die 12. Armee verlangte als besonders dringlich einen Haferzug
und bekam einen solchen mit Selterwasserflaschen! Es ist das für den
großen Krieg eine Kleinigkeit. Das Wohlbefinden von Mann und Pferd
setzt sich aber nun einmal aus Kleinigkeiten zusammen, und damit gewinnen
diese eine ganz unendliche und ausschlaggebende Bedeutung.
Das nördliche Bahnnetz hatte bei Prekuln Anschluß an die Bahn nach
Memel. Die russischen Bahnen in Litauen und Kurland waren im Frieden
von überraschend geringer Leistungsfähigkeit. Dies wäre anders gewesen,
wenn Rußland die Häfen Windau und Libau für sein Wirtschaftsleben
wirklich gebraucht hätte. Die Bahn Prekuln—Memel war in ihrem Be-
triebe auch noch rückständig. Es dauerte lange, bis auf der Bahn von
Ponjewjesh nach Dünaburg überhaupt nur ein einigermaßen geregelter
Verkehr von drei bis vier Zügen eingerichtet war.
Auf den großen Strecken Wilna—-Smorgon und Wilna—Dünaburg
waren die Verhältnisse nicht so schwierig, aber auch hier froren die provi-
sorischen Wasserbehälter im Winter ein, und alle möglichen und unmög-
lichen Hindernisse waren zu überwinden.
Die Kleinbahn Ponjewjesh—Uziany—Svwentzjany war verhältnis-
mäßig nur wenig zerstört, aber sie war gar nicht leistungsfähig.
Es wurde spät nach Weihnachten, bis der Betrieb auf allen Bahnen
gesichert und einigermaßen regelmäßig war, so daß nun auch die ersehnten
Urlauberzüge eingelegt werden konnten.
Jetzt trat noch eine besondere Krise ein. Nach scharfer Kälte ging das
Eis auf dem Njemen und der Windau auf. Die Eismassen nahmen die
Brücke über die Windau bei Moscheiki weg. Die eine Eisenbahnverbin-
dung nach Deutschland war damit unterbrochen. Gegen die Eisenbahn-
brücke bei Kowno türmten sich die Eisschollen und verrückten die Gleise,
aber die Brücke hielt stand. Es waren wieder, wenn auch in ganz
anderer Richtung, spannungsvolle Tage. Die Armeen wären in die
schwierigste Lage gekommen, wenn diese Brücke ebenfalls vernichtet
worden wäre.
Die anderen Njemen-Brücken wurden nach und nach fertig. Der
Ausbau der Bahnen schritt fort. Der Betrieb lebte sich ein, und im Gebiet
des Oberbefehlshabers Ost wurde die Eisenbahnlage gefestigt. Die großen