Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

152 Das Hauptquartier des Oberbefehlshabers Ost in Kowno Oktober 1915 bis Juli 1916 
  
zahlreichen Banden mit dem Tode bezahlt. Das soll ihnen unvergessen 
bleiben. 
In die Landesverwaltung, der Kreiseinteilung sich anpassend, fügte 
sich die Justizuerwaltung ein. Jeder Kreis bekam sein Kreisgericht für die 
heimische Bevölkerung; wir mußten es schaffen, da jedes Gericht fehlte. 
Eine Art höherer Gerichtsbarkeit entstand in den Bezirksgerichten, vielleicht 
waren sie unnötig. Als höchste Instanz diente das Obergericht in 
Kowno unter Leitung des Senatspräsidenten Kratzenberg, der als 
Chef der Justizabteilung auch die Justizverwaltungsgeschäfte zu be- 
arbeiten hatte. 
Die Tätigkeit der Etappengerichte wurde durch diese Landesjustiz- 
behörden in keiner Weise beeinträchtigt. Beide Gerichtsbarkeiten arbeiteten 
gut mit= und nebeneinander. 
Die Forstwirtschaft der verschiedenen Verwaltungsbezirke stand außer- 
halb der Kreiseinteilung. Je nach den Waldbeständen wurden Forst- 
inspektionen geschaffen, deren bekannteste die Militär-Forstinspektion Bja- 
lowjes geworden ist. 
VII. 
Der so eingerichteten Verwaltung war Leben zu geben, damit sie zu 
nutzbringender Arbeit befähigt wurde. Es sollte nicht bureaukratisch, son- 
dern nach dem Bedürfnis gearbeitet werden. Gott sei Dank fehlte „der 
Vorgang“, der Totengräber freier Entschlußkraft. 
In dem ganzen Aufbau der Verwaltung haben mir die Hauptleute der. 
Reserve v. Brockhusen und Frhr. v. Gayl fördernd zur Seite gestanden. 
Ersterer war vor dem Kriege Landrat, letzterer Direktor der Ostpreußi- 
schen Landgesellschaft zu Königsberg in Preußen. Es ist ein gutes Ge- 
bäude entstanden, das den ernsten Bedürfnissen vollkommen Rechnung trug. 
Besondere Aufmerksamkeit schenkten wir den hygienischen Verhält- 
nissen der Bevölkerung. Der Kampf gegen das Fleckfieber, das an vielen 
Stellen herrschte, wurde erfolgreich durchgeführt. Es kostete uns große 
Opfer an #rzten. 
Zur Beruhigung der Bevölkerung und zur materiellen Hebung des 
Landes wurde mit der Einlösung der von den Truppen während der Ope- 
rationen ausgestellten Requisitionsscheine begonnen; es war eine überaus 
verwickelte und schwierige Maßnahme. Wir bezahlten von nun an alles 
bar. Ich wollte damit eine Hebung der Produktion erreichen, an der 
mir sehr viel lag, und dem Lande helfen. 
Für uns kam es darauf an, die landwirtschaftlichen Erzeugnisse 
zu erfassen sowie für einen geregelten Betrieb der Landwirtschaft und 
die Ausnutzung des Grund und Bodens zu sorgen. Dies wurde
	        
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