156 Das Hauptquartier des Oberbefehlshabers Ost in Kowno Oktober 1915 bis Juli 1916
Die Holzflößerei auf dem Njemen und den vielen anderen flößbaren
Gewässern wurde von neuem ausgenommen und großzügig vom Forstrat
Schütte organisiert.
Wir wandten uns auch der Harzgewinnung zu und richteten sie nach
Vorschlägen des Oberförsters Kienitz in jenen Gegenden neu ein. Es ist
ein langwieriges Geschäft, bietet aber doch schließlich leichten Verdienst.
Die Harzgewinnung sollte später auch für Deutschland vorbildlich werden.
Für die Harzverarbeitung wurde eine Fabrik in Kowno errichtet.
Auch chemische Holzprodukte aller Art gewannen wir in besonderen
Anlagen.
Wir brannten endlich auch Holzkohlen.
Forstrat Kirchner und viele andere Forstleute haben sich dort durch
ihre Umsicht wie Tatkraft ein Denkmal gesetzt. Das, was Forstrat Major
Escherich als Wirtschaftsorganisator und Verwaltungsbeamter im Urwald-
bezirk von Bjalowjes geschaffen hat, ist von vielen Besuchern aus Deutsch-
land bewundert worden.
Die wirtschaftliche Ausnutzung des Landes war nach allen Richtungen
hin sehr gründlich und, soweit möglich, mit der Schonung des Landes und
seiner Bewohner verbunden.
Valutasorgen schlossen es aus, daß wir alles in deutschem Gelde be-
zahlten. Im Einvernehmen mit der Reichsbank und den zuständigen
Stellen in Berlin schufen der Armee-Intendant Geheimrat Kessel und
Hauptmann Königs ein besonderes Geld des Oberbefehlshabers Ost, das
bald gern genommen wurde. Auch deutsche Banken zogen wir ins Land,
um ihm neue wirtschaftliche Kraft zuzuführen.
Es war keine einfache Aufgabe, die ganze Verwaltung zu finanzieren.
Geh. Ober-Finanzrat Hauptmann Tiesler, der sich durch besonders klaren
Blick und große Schaffensfreudigkeit auszeichnete, unterzog sich dieser
Aufgabe mit größtem Geschick. Er hatte einen genauen Etat der ganzen
Verwaltung aufzustellen und gleichzeitig Einnahmequellen zu finden.
Der Personaletat wurde, wie ich schon erwähnte, so knapp wie möglich
bemessen. Es tobte ein recht heftiger Kampf zwischen den einzelnen
Abteilungen meiner Verwaltung um Stellen und Zulagen für die Unter-
gebenen. Die Chefs der Etappenverwaltungen kamen dauernd mit neuen
Wünschen. Ich mußte ausgleichend wirken und bekam einen gewissen Ge-
schmack von den Leiden und Sorgen unserer staatlichen Finanzverwaltun-
gen. Als wir glücklich den ersten Etat fertig hatten, ging er zum Kriegs-
ministerium nach Berlin und zum Generalquartiermeister, er wurde
begutachtet und nach schweren Kämpfen endlich genehmigt.
Unsere Einnahmen gründeten sich auf Zöllen, Monopolen, Steuern
und staatlichen Betrieben.