Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Entschlüsse für den Feldzug 1916 163 
  
Rumänien auf unseren Druck hin der Entente zu, so wußten wir, woran 
wir waren. Wir konnten ohne Zeitverlust und mit unseren damals zur 
Stelle befindlichen Truppen handeln. 
Auf den Balkan= und kleinasiatischen Kriegsschauplätzen war der 
Vierbund in der Abwehr. Nur südlich Bagdad bereitete Generalfeldmar= 
schall v. der Goltz einen Schlag gegen die Engländer bei Kut el Amara vor. 
Die Lage der Türkei hatte sich infolge Aufgabe des Gallipoli-Unter- 
nehmens seitens der Entente erheblich gebessert. 
Was die Entente für 1916 beabsichtigte, bevor sich die französische 
Armee bei Verdun zusammenballen mußte, ist mir nicht bekannt. Es schien, 
daß sie sich selbst auf allen Fronten zu großen Angriffen rüstete, wie das 
in der Natur der Sache lag. 
Der russische Vormarsch in Armenien, der im Frühjahr 1916 zur Ein- 
nahme von Trapezunt und Erzerum führte, ist nicht strategisch zu bewerten. 
Besondere Kräfte brauchte Rußland hierfür nicht bereitzustellen. Der Russe 
war den Türken gegenüber in starker Überlegenheit und günstiger 
Lage. 
Bei den englischen Maßnahmen in Persien, Mesopotamien und auf 
der Sinaihalbinsel handelte es sich ebenfalls nicht um das Streben, die tür- 
kische Armee zu vernichten, sondern um örtliche Eroberungen für das 
britische Weltreich. 
XI. 
Der deutsche Schlag gegen Verdun löste im März den 5. Isonzo-Angriff 
des italienischen Heeres aus. Er fand demnach lange vor dem beabsichtig- 
ten Beginn der österreichisch-ungarischen Offensive statt und blieb wiederum 
erfolglos. 
Auch die russische Armee trat auf den Plan. 
Der in der zweiten Märzhälfte gegen die Front des Oberbefehlshabers 
Ost gerichtete russische Angriff ging weit über einen Entlastungsversuch 
hinaus. Es war ein Entscheidungskampf und als solcher von vornherein 
geplant. Die aufgefundenen Befehle sprechen von der Vertreibung des 
Feindes aus den Grenzen des Reiches. 
Seit Anfang März liefen bei uns Nachrichten von einem beabsichtigten 
Angriff auf Wilna ein. Truppenansammlungen wurden östlich Smorgon 
erkannt. Die Richtung Smorgon—Wilna war wahrscheinlich. Auch von 
Dünaburg und Jakobstadt her kamen Nachrichten von einem bevorstehen- 
den Angriff. Gegenmaßnahmen wurden getroffen. Es schien, daß der 
Beginn noch längere Zeit auf sich warten lassen würde. Ich entschloß mich 
daher, in Familienangelegenheiten und zur Vermählungsfeier des Ritt- 
meisters Prinz Joachim von Preußen, der seit dem Herbst 1914 ein treues 
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