Die Hungerblockade Englands 171
Diese Stellungnahme wurde hinfällig, als Deutschland nach dem
Sussex-Fall den U-Bootkrieg als solchen feierlich aufgab. England hätte
jetzt nach Wegfall des Grundes zur Vergeltung auch seine sogenannte
Blockade aufheben müssen, wenn es seinen eigenen Worten entsprechend
handeln wollte. Es dachte aber gar nicht daran. Die Seesperre dauerte
unverändert weiter.
Durch die order in council vom 7. Juni 1916 sagte sich England end-
gültig von der Londoner Erklärung los. Damit wurden formell auch die-
jenigen Bestimmungen beseitigt, an die man sich trotz der gegebenen Zu-
sicherungen tatsächlich niemals gehalten hatte. Der Völkerrechtsbruch sollte
rechtsgültig gemacht werden!
Die fortgesetzte Vergewaltigung des Völkerrechts durch England spürten
auch wir im Osten, sie sollte schließlich der Entente zum Siege über Deutsch-
land verhelfen, da die Vereinigten Staaten vor und nach ihrem Eintritt in
den Krieg sie billigten und die Neutralen Europas unter dem Zwange
Englands standen.
XIII.
Der deutsche Angriff auf Verdun hatte zu keinem durchschlagenden
Ergebnis geführt. Er hatte im Mai den ausgesprochenen Charakter der
ersten großen Zermürbungsschlacht angenommen, in der durch Massen-
einsatz von Menschen und Kriegsmaterial immer wieder an gleicher Stelle
um die Entscheidung gerungen wurde.
An den übrigen Teilen der Westfront war Ruhe.
Am 15. Mai hatte endlich der österreichisch-ungarische Angriff gegen
Italien begonnen. Ihm waren zunächst schöne Erfolge beschieden. Er
drang bis zur Linie Asiago—Arsiero durch. Schon Ende des Monats war
aber zu erkennen, daß die Schwungkraft verloren ging.
An der mazedonischen und den türkischen Fronten herrschte Ruhe.
Nur in Mesopotamien wurde gekämpft. Kut el Amara war Ende April
genommen. Generalfeldmarschall v. der Goltz hat diesen Erfolg, den er
vorbereitet hatte, nicht mehr erlebt. Er ist kurz vor dem Angriff an
Fleckfieber verstorben.
Im Osten, gegenüber der k. u. k. Front, machten sich Anzeichen für
örtliche Angriffe bemerkbar, während die Hauptmasse des russischen Heeres
immer noch vor der deutschen Front stand, um hier anzugreifen.
Die Entente beabsichtigte einen gewaltigen Schlag gegen ihren gefähr-
lichsten Gegner, das deutsche Heer. Im Westen sollte es zum Angriff an
der Somme kommen. Im Osten hatte der Russe diesmal mit dem
Hauptdruck über Baranowitschi, Smorgon und Riga anzugreifen. Die
Anfang Juni bei Lutzk, Tarnopol und am Dnjestr an der österreichisch-