Deutsche Gegenmaßnahmen 177
bei der Heeresgruppe v. Linsingen gegen den Styrbogen. Auch bei Graf
Bothmer wurde gekämpft.
Ein gewaltiges Ringen war Anfang Juli an dem größten Teil der
Ostfront im Gange, während an der Somme England und Frankreich ihre
ersten Erfolge erzielten.
Wir hielten den Angriff aus und schlugen ihn in mehrtägigen Kämpfen
restlos ab. Bei den k. u. k. Truppen der Armeegruppe Woyrsch erfolgte
ein Einbruch, wir gaben alle unsere mühsam zurückgehaltenen Reserven
dorthin, um die Front zu stützen; sie behauptete sich. Vom 8. Juli an
flauten hier die Kämpfe ab.
Der russische Angriff auf den Styrbogen nördlich Lutzk hatte vollen
Erfolg. Die k. u. k. Truppen ließen sich an mehreren Stellen durchbrechen,
deutsche Formationen, die helfen sollten, kamen auch hier in eine schwierige
Lage, General v. Linsingen sah sich am 7. Juli gezwungen, seinen linken
Flügel hinter den Stochod zu nehmen. Auch der rechte der Heeresgruppe
Generalfeldmarschall Prinz Leopold von Bayern — der Teil der Armee-
gruppe Gronau südlich des Pripjet — mußte dorthin ausweichen.
Es war dies eine der größten Krisen der Ostfront. Die Hoffnung, daß
die k. u. k. Truppen die unbefestigte Stochodlinie hielten, war nur gering.
Wir wagten es, uns noch weiter zu schwächen, auch Generalfeldmar-
schall Prinz Leopold von Bayern nahm das gleiche auf sich. Obschon die
russischen Angriffe jeden Augenblick von neuem beginnen konnten, wurde
weiter gestreckt, einzelne Regimenter wurden freigemacht, um den linken
Flügel der Heeresgruppe Linsingen nordöstlich und östlich Kowel zu stützen.
Wich dieser noch weiter zurück, so war nicht auszudenken, wohin wir
kommen würden. Es waren ungemein ernste Tage, wir gaben alles weg
und wußten wohl, daß uns keiner helfen konnte, wenn der Feind uns
angriff. Und wirklich geschah dies! Mit außerordentlicher Kraft stürmte
der Russe am 16. Juli hart westlich der Düng aus dem Rigaer Brückenkopf
heraus an. Im ersten Anlauf gewann er Gelände. Es verging eine schwere
Zeitspanne, bis die Krise auch hier dank der Tapferkeit der Truppen und
der Sorgfalt bei der Führung der 8. Armee, die mit einzelnen Bataillonen
und Batterien arbeiten mußte, beseitigt war.
Noch waren diese Kämpfe nicht abgeschlossen, als Ende Juli wiederum
sichere Anzeichen für die Fortsetzung der Angriffe bei Baranowitschi und
gegen den Stochod in seinem ganzen Laufe vorlagen. Mit banger Sorge
sahen wir ihnen entgegen, die Truppen waren durch die steten Kämpfe er-
schöpft und mußten weite Fronten decken, die k. u. k. Truppen hatten jedes
Zutrauen zur eigenen Kraft verloren und bedurften überall des deutschen
Rückhalts.
Bis zum Stochod überblickten wir die Lage, weiter südlich waren wir
Kriegserinnerungen 1914—18. 12