Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Krise im Osten 179 
bestimmten Zwischenräumen ein sogenanntes Marschbataillon, aus Ersatz- 
mannschaften bestehend, zugeführt wurde. Diese Bataillone gliederten sich 
oft als Kampfbataillone den Regimentern an. Regimenter, die keine 
Verluste hatten, zählten zuweilen fünf bis sechs statt drei Bateillone, 
während andere sehr niedrige Stände besaßen. Es war ein Ausgleich 
am Platz, der naturgemäß bei den vielen Nationalitäten der k. u. k. 
Armee ungemein schwer zu bewirken war. Etatsunterschiede der Truppen 
blieben auch weiterhin bestehen. Bedenklicher war es, daß die Aus- 
bildung der Marschbataillone der Infanterie eine recht ungenügende 
war. Sie lieferten nur hohe Gefangenenzahlen. In der Ausbildung dieser 
Marschbataillone mußten wir einsetzen. Wir taten es auch. Dabei sind wir 
auf gute und brauchbare Soldaten gestoßen; der Offizier allerdings, über 
den die k. u. k. Armee damals noch verfügte, war weich und nicht in dem 
strengen Pflichtbewußtsein großgezogen, wie es bei uns deutschen Offizieren 
zu finden ist. 
Am 27. Juli wurden wir nochmals nach Pleß befohlen. Die Nach- 
richt über den Fall von Brody, die an diesem Tage eintraf, veranlaßte das 
k. u. k. Oberkommando, seinen bisherigen Standpunkt teilweise fallen zu 
lassen. Es willigte ein, daß der Generalfeldmarschall v. Hindenburg den 
Oberbefehl bis südlich Brody übernahm. Die Armeen der Generale Graf 
Bothmer und v. Pflanzer-Baltin bildeten bereits eine Heeresgruppe unter 
dem Erzherzog-Thronfolger mit General v. Seeckt als Chef. Wir verblieben 
unter dem Oberbefehl der deutschen Obersten Heeresleitung. Die Heeres- 
gruppe Erzherzog Karl unterstand nach wie vor dem k. u. k. Armee-Ober- 
Kommando. Zu einem ganzen Entschluß hatte man sich noch nicht durch- 
ringen können. Immerhin bot die jetzige Gliederung so wesentliche Vor- 
teile, daß ich sie als einen großen Fortschritt ansah. 
Wir kehrten zunächst nach Kowno zurück. Ich nahm Abschied von der 
Stätte, wo ich eine glückliche Zeit friedlicher Arbeit und schließlich so kritische 
Stunden verlebt hatte. Viele treue Mitarbeiter ließ ich in der Verwaltung 
zurück. Der militärische Stab blieb so, wie er zusammengesetzt war. 
Ich hatte vorgeschlagen, zunächst die Armee-Ober-Kommandos der bis- 
herigen k. u. k. Front aufzusuchen, um ein eigenes Urteil über die Lage zu 
gewinnen. Bestimmungen über ein neues Quartier waren noch nicht ge- 
troffen. Ein Verbleiben in Kowno kam nicht in Betracht, es lag zu weit 
nördlich. Vorläufig wollten wir in unserem Eisenbahnzug wohnen. 
General v. Eichhorn übernahm unter Beibehalt seines Oberkomman= 
dos über die 10. Armee den Heeresgruppenbefehl über die Armeegruppe 
Scholtz und die 8. Armee. Die 12. Armee trat unter den Befehl der Heeres- 
gruppe des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern. 
  
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