Das Leben im Stabe 11
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Meine Tage verstrichen regelmäßig. So lange ich Chef im Osten war
und Truppen unmittelbar zu führen hatte, richtete sich alles nach den An-
forderungen der militärischen Lage. Ich war von 6 oder 7 Uhr morgens
bis spät in die Nacht auf dem Geschäftszimmer.
Als Erster Generalquartiermeister war ich in ruhigen Zeiten gegen
8 Uhr im Dienst. Etwa eine Stunde später kam der Generalfeldmarschall,
und wir sprachen kurz über die kriegerischen Ereignisse und Absichten und
über schwebende Fragen.
Um 12 Uhr hatten wir Vortrag bei Seiner Moajestät dem Kaiser.
Punkt 1 Uhr war Frühstück, das ½ bis 34 Stunden dauerte. Gegen
½4 Uhr war ich wieder auf dem Geschäftszimmer. Um 8 Uhr aßen wir
zu Abend; nach einer Pause von 1½ Stunden hielt die Arbeit bis 12 oder
1 Uhr nachts an.
Diese Einförmigkeit wurde nur selten unterbrochen. Auch die vier
bis fünf Tage meines Kriegsurlaubs waren vom Dienst nicht frei.
Mit allen Teilen der Front und den verbündeten Obersten Heeres-
leitungen war ich durch Fernsprecher und Fernschreiber verbunden. Die
Armeen meldeten regelmäßig morgens und abends, besondere Ereig-
nisse stets.
Der Feldtelegraphenchef Ost, Oberst Lehmann, und später der Feld-
telegraphenchef des gesamten Heeres, Generalmajor Hesse, haben mich weit-
blickend und wirksam unterstützt. Die Fernsprechformationen des Stabes
des Oberbefehlshabers Ost und die Feldtelegraphen-Direktion der Obersten
Heeresleitung, die den Verkehr im einzelnen zu vermitteln hatten, haben
hervorragend gearbeitet.
Auf der einen Seite war es notwendig, über alle Ereignisse an
den gewaltigen Fronten klar zu sehen, auf der anderen Seite aber eine un-
gemeine Belastung, den Pulsschlag der Kämpfe unmittelbar zu fühlen.
Die Oberste Heeresleitung mußte jedoch alle wichtigen Ereignisse sofort
erfahren. Denn nur zu oft waren bei dem Mangel an Reserven folgen-
schwere Entscheidungen unmittelbar zu treffen.
Die Truppenführung, die Sorge für das Heer und für die Kriegs-
fähigkeit der Heimat ging allen anderen Arbeiten vor. Die militär-poli-
tischen Zukunftsfragen kamen erst in zweiter Linie.
Die Stunden der Arbeit wurden ausgefüllt durch eigenes Tun, durch
Vorträge der mir unterstellten Abteilungschefs und Dienststellen und Be-
sprechungen.
Mit besonderer Freude und Genugtuung denke ich an das dienstliche
und kameradschaftliche Zusammenleben sowohl in meinem Stabe im Osten
als auch in der Obersten Heeresleitung.
Bei meiner ungeheuren Arbeitslast und meiner schweren Verant-