Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Deutschland und seine Verbündeten 191 
  
II. 
An der Westfront war der Kampf bei Verdun im Niedergang; die 
Sommeschlacht hatte der Entente Anfang Juli den erhofften Durchbruch 
nicht gebracht. Die zweite Zermürbungsschlacht des Jahres 1916 wurde 
seit diesen Tagen beiderseits der Somme in unerhörter Erbitterung und 
sich drängender Kampffolge geschlagen. 
Verdun hat uns sehr viel Blut gekostet. Die Lage unserer angreifen— 
den Truppen war immer ungünstiger geworden. Sie kamen, je mehr sie 
Gelände gewannen, immer tiefer in das Trichterfeld hinein und ver— 
brauchten ihre Kraft auch außerhalb der Kämpfe allein durch den Auf— 
enthalt in jenem Gelände und durch die Schwierigkeit der eigenen Ver— 
sorgung über weite, unwirtliche Strecken hinweg, während der Franzose 
Rückhalt in den nahen Anlagen der Festung fand. Jetzt schleppte 
sich der Angriff noch kraftverzehrend hin. Der Truppe, die so viel 
vor dieser Festung geleistet hatte, graute vor dem Trichtergelände. 
Die Führung war auch nur mit halber Seele dabei. Der deutsche 
Kronprinz hatte sich schon sehr frühzeitig für die Einstellung des An- 
griffs ausgesprochen. 
Die Sommeschlacht war durch die Entente mit einer ungeheuren 
Überlegenheit auf der Erde und in der Luft begonnen worden. Die Oberste 
Heeresleitung war im Anfang überrascht. Sie fuhr nun schnell Kräfte 
heran, aber es war ihr nicht geglückt, die feindliche überlegenheit an Artil- 
lerie, Munition und Fliegern auch nur einigermaßen auszugleichen. Die 
Entente hatte sich immer weiter in die deutschen Linien hineingearbeitet. 
Wir hatten viel Menschen und Gerät verloren. Damals wurden die 
vordersten Gräben noch dicht besetzt. Unterstände und Keller füllten sich 
beim feindlichen Artilleriefeuer. Der unter dem Schutze des Trommel- 
feuers angreifende Feind war schneller im Graben oder in den Dörfern, 
als die Besatzung aus ihren Unterschlupfen herauskriechen konnte. 
Eine häufige Folge war Gefangennahme unserer Leute. Der Verbrauch 
an physischer und seelischer Kraft war unermeßlich, die Divisionen konnten 
nur wenige Tage in Stellung bleiben. Sie mußten häufig abgelöst werden, 
um sich an ruhigen Fronten zu erholen. Sie in Reservestellung zu belassen, 
war unmöglich, dazu hatten wir nicht die Kräfte. Die Zahl noch einsetzbarer 
Divisionen wurde kleiner. Bei dem Mangel an Artillerie wurde diese bei 
der Ablösung der Divisionen zunächst zurückgehalten. Die Divisionen, die 
durch abgekämpfte freigemacht wurden, mußten nun ihrerseits in ihren 
bisherigen Stellungen ihre Batterien vorläufig stehen lassen und kamen 
ohne Artillerie hinter der Schlachtfront an. Ein wirres Vermischen der 
Verbände ergab sich als Folge. An der Westfront waren Neubildungen
	        
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