12 Mein Denken und Handeln
wortung konnte ich nur selbsttätige, aufrechte Menschen um mich ge-
brauchen, von denen ich verlangte, daß sie mir rücksichtslos ihre Ansicht
sagten, was sie auch — manchmal recht gründlich — taten. Unsere Zu-
sammenarbeit war auf gegenseitigem Vertrauen von Mann zu Mann auf-
gebaut. Selbstbewußt und sicher standen meine Mitarbeiter mir trenu
zur Seite. Sie waren mir hingebungsvolle und selbständige Gehilfen,
durchdrungen von höchstem Pflichtgefühl. Natürlich lag bei mir die Ent-
scheidung, denn die Verantwortung erlaubte kein Zögern. Der Krieg ver-
langte ein schnelles Handeln. Aber in der Entscheidung lag keine Willkür,
und da, wo ich einmal von dem Vorschlage meiner Mitarbeiter abwich,
habe ich nicht verletzt. Hier und wenn Ansichten auszugleichen waren, habe
ich mich bemüht, ohne unklar zu werden, abweichende Meinungen anzu-
erkennen. Ich freue mich des Ruhmes und des guten Rufes meiner Mit-
arbeiter. Immer habe ich die Ansicht vertreten und vertrete sie auch heute
noch, daß der Krieg so gewaltig war und so Großes forderte, daß ein
Mensch allein dem nicht entsprechen konnte. Er ließ sehr vielen Raum zu
glänzender Betätigung.
Mein erster Mitarbeiter im Osten war der damalige Oberstleutnant,
jetzige Generalmajor Hoffmann, ein geistreicher, vorwärtsstrebender Offizier.
Wie ich ihn als Soldaten schätze, geht am besten daraus hervor, daß ich ihn
zu meinem Nachfolger vorschlug, als ich Ende August 1916 in die Oberste
Heeresleitung kam. Er hat sich in dieser Stellung ebenso glänzend be-
währt wie vorher als mein ältester Generalstabsoffizier.
Im Großen Hauptquartier nahm ich mir Oberstleutnant Wetzell zur
Bearbeitung der Operationen. Ich kannte und schätzte ihn schon von früher
her. Er wußte Bescheid im Westen. Dort hatte er sich als ältester General=
stabsoffizier und Chef des Generalstabes des III. A. K. hervorgetan und
besonders vor Verdun Ausgezeichnetes geleistet. Er ist eine vortreffliche
Soldatennatur und ein treuer, gefestigter Charakter. Unternehmungs-
lustig und anregend, genau arbeitend, war er mir ein ausgezeichneter und
lieber Gehilfe. Als ich mich im September 1918 von ihm trennte, geschah
dies in gegenseitiger Verehrung, lediglich aus dem Grunde, weil ich im
Stabe eine andere Einteilung vornehmen mußte, um mir eine etwas
größere Ruhe zu geben.
Nach Oberstleutnant Wetzell kamen Oberst Heye und Major v. Stülp-
nagel, der lange Zeit in Berlin mein Bureauoffizier gewesen war, zu mir,
zwei gefestigte und klare Soldatennaturen. Ich habe die schwerste Zeit
mit ihnen durchlebt, die ein Soldat durchleben kann: als es ersichtlich war,
daß der Krieg von uns militärisch nicht mehr zu gewinnen sei. Sie in
dieser Zeit verlassen zu müssen, war menschlich das Schwerste, was es für
mich gab.