Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

12 Mein Denken und Handeln 
  
  
  
  
wortung konnte ich nur selbsttätige, aufrechte Menschen um mich ge- 
brauchen, von denen ich verlangte, daß sie mir rücksichtslos ihre Ansicht 
sagten, was sie auch — manchmal recht gründlich — taten. Unsere Zu- 
sammenarbeit war auf gegenseitigem Vertrauen von Mann zu Mann auf- 
gebaut. Selbstbewußt und sicher standen meine Mitarbeiter mir trenu 
zur Seite. Sie waren mir hingebungsvolle und selbständige Gehilfen, 
durchdrungen von höchstem Pflichtgefühl. Natürlich lag bei mir die Ent- 
scheidung, denn die Verantwortung erlaubte kein Zögern. Der Krieg ver- 
langte ein schnelles Handeln. Aber in der Entscheidung lag keine Willkür, 
und da, wo ich einmal von dem Vorschlage meiner Mitarbeiter abwich, 
habe ich nicht verletzt. Hier und wenn Ansichten auszugleichen waren, habe 
ich mich bemüht, ohne unklar zu werden, abweichende Meinungen anzu- 
erkennen. Ich freue mich des Ruhmes und des guten Rufes meiner Mit- 
arbeiter. Immer habe ich die Ansicht vertreten und vertrete sie auch heute 
noch, daß der Krieg so gewaltig war und so Großes forderte, daß ein 
Mensch allein dem nicht entsprechen konnte. Er ließ sehr vielen Raum zu 
glänzender Betätigung. 
Mein erster Mitarbeiter im Osten war der damalige Oberstleutnant, 
jetzige Generalmajor Hoffmann, ein geistreicher, vorwärtsstrebender Offizier. 
Wie ich ihn als Soldaten schätze, geht am besten daraus hervor, daß ich ihn 
zu meinem Nachfolger vorschlug, als ich Ende August 1916 in die Oberste 
Heeresleitung kam. Er hat sich in dieser Stellung ebenso glänzend be- 
währt wie vorher als mein ältester Generalstabsoffizier. 
Im Großen Hauptquartier nahm ich mir Oberstleutnant Wetzell zur 
Bearbeitung der Operationen. Ich kannte und schätzte ihn schon von früher 
her. Er wußte Bescheid im Westen. Dort hatte er sich als ältester General= 
stabsoffizier und Chef des Generalstabes des III. A. K. hervorgetan und 
besonders vor Verdun Ausgezeichnetes geleistet. Er ist eine vortreffliche 
Soldatennatur und ein treuer, gefestigter Charakter. Unternehmungs- 
lustig und anregend, genau arbeitend, war er mir ein ausgezeichneter und 
lieber Gehilfe. Als ich mich im September 1918 von ihm trennte, geschah 
dies in gegenseitiger Verehrung, lediglich aus dem Grunde, weil ich im 
Stabe eine andere Einteilung vornehmen mußte, um mir eine etwas 
größere Ruhe zu geben. 
Nach Oberstleutnant Wetzell kamen Oberst Heye und Major v. Stülp- 
nagel, der lange Zeit in Berlin mein Bureauoffizier gewesen war, zu mir, 
zwei gefestigte und klare Soldatennaturen. Ich habe die schwerste Zeit 
mit ihnen durchlebt, die ein Soldat durchleben kann: als es ersichtlich war, 
daß der Krieg von uns militärisch nicht mehr zu gewinnen sei. Sie in 
dieser Zeit verlassen zu müssen, war menschlich das Schwerste, was es für 
mich gab.
	        
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