Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Regierung Bulgariens 199 
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In die Psyche des bulgarischen Volks war meinerseits Einblick schwer 
zu gewinnen. Es schien mir nationalistisch gesinnt und geneigt, für seine 
Vormachtstellung auf dem Balkan zu kämpfen. 
Radoslawowm ging aus innerer Überzeugung mit Deutschland zu- 
sammen. Er stand und fiel mit dem Bündnis. Im Duoechsetzen seiner 
Ansprüche an Deutschland und in der Führung seiner großbulgarischen 
Politik war er überaus hartnäckig und ließ allen diesbezüglichen Bestre- 
bungen freien Lauf, um dann den Volkswillen gegen uns auszuspielen. Er 
bedachte dabei nicht, wie sehr er seine eigene Stellung dadurch in etwaigen 
Friedensverhandlungen erschweren mußte. Auch er klärte sein Volk nicht 
über die Notwendigkeiten des Krieges auf, vielleicht hat er sie auch nicht 
richtig erkannt. 
Der Zar stand ebenso fest auf dem Boden des Bündnisses. Er war ein 
ungemein kluger Mann, aber mehr ein Freund geschickten Verhandelns 
als ein Mann der Tat. Er hatte gern mehrere Eisen im Feuer und 
glaubte Lösungen hinausschieben zu können. Damit war er im Frieden 
bei seinem großen Geschigz, die Bulgaren zu behandeln, ausgekommen, 
im Kriege genügte dies nicht mehr. Besonders bedauerte ich, daß er kein 
Soldat war und auf seine Armee nicht den Einfluß ausübte, den seine 
hohe Stellung von ihm verlangte. 
Der Kronprinz Boris, von seinem Vater vorbildlich erzogen, war eine 
ausgesprochen soldatische und weit über sein jugendliches Alter hinaus 
reife Persönlichkeit. Er besaß klaren Blick für die militärischen Notwendig- 
keiten. Die Kommandobehörden in Bulgarien und auch ich haben gern 
mit ihm verhandelt. Einen besseren Herrscher kann dieses Volk nie finden. 
IV. 
Für die Türkei hatte sich die Lage nach dem Abzuge der Entente- 
truppen von der Gallipolihalbinsel gebessert. Es war Enver Pascha mög- 
lich geworden, Truppen der deutschen Obersten Heeresleitung zur Ver- 
fügung zu stellen. Er tat dies in der richtigen Erkenntnis, daß für die 
Türkei der Krieg nunmehr auf anderen Kriegsschauplätzen entschieden würde. 
Allerdings mußten diese Truppen erst ausgebildet, bekleidet und aus- 
gerüstet werden. Das erforderte Zeit. Ende Juli, Anfang August war 
das türkische X V. A. K. nach Galizien gegangen, jetzt fuhr eine ottomanische 
Division in die Gegend von Warna. Enver entnahm diese Truppen der 
Armee des Marschalls Liman Pascha, der noch mit dem Schutze Konstanti- 
nopels und der kleinasiatischen Küste beauftragt war. 
Die Engländer hatten die Türken aus der Sinaihalbinsel verdrängt. 
Sie bauten jetzt mit Eifer an einer Vollbahn und einer Wasserleitung; so-
	        
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