Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Ergebnis der Besprechung in Cambrai 215 
  
zertrommelt und konnten von der eigenen Artilleriebeobachtung häufig nur 
schwer überwacht werden. Stellungen am Hinterhang mit geringem Schuß- 
feld und unter guter Beobachtung durch die eigene Artillerie wurden ge- 
halten. Sie verdienten im Großkampfe den Vorzug. 
Der ausschlaggebende Wert artilleristischer Beobachtungsmöglichkeit 
und damit der Notwendigkeit, sie an erster Stelle bei Auswahl einer Stel- 
lung zu berücksichtigen, war scharf in die Erscheinung getreten. 
Also auch hier galt es aufzubauen; vieles hatte sich geändert, ja sogar 
umgekehrt! 
Alle diese Fragen wurden bei der Besprechung in Cambrai nur ge- 
streift. Ich gewann im allgemeinen lediglich Eindrücke, die aber doch 
zeigten, wie notwendig es sei, der Kampfführung neue Formen zu geben, 
und wie das Heer danach verlangte, auf dem Gebiete der Taktik und Aus- 
rüstung gefördert zu werden. Im Osten hatten wir im wesentlichen nach 
der alten Taktik, die uns der Frieden gelehrt hatte, gekämpft und unsere 
Truppen ausgebildet; hier traten uns neue Erscheinungen entgegen, denen 
nachzugehen meine Pflicht war. 
Mit allen taktischen und Ausrüstungsfragen habe ich mich immer be- 
sonders gern beschäftigt, das war auch eine meiner Aufgaben im Großen 
Generalstabe in Berlin gewesen. Ich trat damals schon für sehr viele 
Fragen ein, die jetzt dringlich wurden. Sie waren nun, wie sich schon 
früher klar voraussehen ließ, zu Lebensfragen der Armee am Feinde ge- 
worden, die nicht genug Beachtung finden konnten. Diese Verantwortung 
gegenüber dem Heere wog besonders schwer. Mußte ich auf der einen Seite 
Menscheneinsatz fordern, so hatte ich auf der anderen Seite die menschlich 
schönere Pflicht, deutsche Menschenleben zu erhalten. 
Dies bewog mich, dem Gedanken tragbarer Schutzpanzer näher 
zu treten. Wir gaben sie auch an die Truppe aus. Sie fanden aber keinen 
Beifall, da sie zu schwerfällig waren. 
Die Besprechung in Cambrai war nutzbringend verlaufen. Die stille 
Größe der versammelten Führer und Chefs, die nun im Westen beinahe 
zwei Jahre in großen Abwehrkämpfen standen, während der Generalfeld- 
marschall und ich im Osten kühne Angriffsschlachten hatten gewinnen 
können, machte einen tiefen Eindruck. Ich wurde in meiner Ansicht bestärkt, 
die Reichsregierung zu veranlassen, dem Kriege zu geben, was des Krieges 
ist. Menschen, Kriegsmaterial und seelische Kraft waren die Lebensfrage 
für die Armee. Je länger der Krieg dauerte, desto zwingender mußte dies 
in Erscheinung treten. Je mehr das Heer verlangte, desto mehr mußte aber 
auch die Heimat hergeben, desto größer wurde die Aufgabe der Reichs- 
regierung, des preußischen Kriegsministeriums im besonderen. 
Nach der Besprechung aßen wir bei dem Kronprinzen von Bayern.
	        
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