Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

228 Der Entente-Ansturm im Herbst 1916 
  
  
  
  
  
überdies bereits Schnee gefallen war. Die ganze Aufmerksamkeit des 
Feindes war auch dorthin gerichtet. Die Eisenbahnverhältnisse Bulgariens 
schlossen jedoch eine Verstärkung des Generalfeldmarschalls v. Mackensen 
aus. Es mußte der Entschluß gefaßt werden, den Gebirgsübergang als 
erstes zu erzwingen; erst wenn dies geschehen und in der Walachei Gelände 
gewonnen war, durfte der Generalfeldmarschall über die Donau gehen, 
sonst war er bei seinen geringen Kräften gefährdet. 
Die Grundgedanken standen fest. Die schwere Frage war zu ent— 
scheiden, ob Truppen für diese Operation überhaupt zur Verfügung ständen. 
Ich habe mit mir gekämpft. Der Kräfteverbrauch an den beiden 
großen Fronten in Ost und West war sehr groß geworden, und noch 
waren die Kämpfe nicht beendet. Ich schloß die Augen vor allen Gefahren 
an anderen Fronten. Der Oberbefehlshaber Ost mußte nochmals zwei bis 
drei Infanterie-Divisionen und zwei Kavallerie-Divisionen hergeben. Auch 
aus dem Generalgouvernement Belgien wurde die 7. Kav. Div. heraus- 
gezogen. Mit diesem Kräftezuschuß konnte die Operation wenigstens ge- 
wagt und um Mitte November eingeleitet werden; ob sie bei unserer 
großen Schwäche gelingen würde, war fraglich. 
Während der Neuaufmarsch gegen Rumänien sich Ende Oktober und 
Anfang November vollzog, und die sich daran anschließenden Ereignisse 
ihren Verlauf nahmen, gingen die Kämpfe an den anderen Fronten weiter. 
Die Sommeschlacht hielt noch den Oktober über in großer Erbitterung 
an. Auf dem Nordufer des Flusses waren der 13., 18. und 23. Oktober 
Großkampftage ernstester Art; die Truppe hatte es ungemein schwer, aber 
sie behauptete im wesentlichen ihre Stellungen; unsere Verteidigung war 
doch fester geworden. Auch ein gewaltiger Ansturm am 5. November 
zwischen Bouchavesnes und Le Sars wurde abgeschlagen. In den folgen- 
den erbitterten Kämpfen hatte der Franzose aber wieder Erfolge. Am 
13. November drang auch der Engländer beiderseits der Ancre in unsere 
Stellungen ein — ein besonders schwerer Schlag, denn wir hatten ein 
solches Ergebnis nicht mehr für möglich gehalten und besonders da nicht, wo 
unsere Truppen noch in guten Stellungen standen. Am 14. November war 
der Engländer dort wiederum erfolgreich. Am 18. war ein neuer Groß- 
kampftag, der aber im wesentlichen trotz großer feindlicher Kraftentfaltung 
glücklich für uns verlief. 
Auch auf dem südlichen Sommeufer war gekämpft worden. Vom 
10. Oktober an wurden die Angriffe südlich der Römerstraße wieder hef- 
tiger, später wurde ebenfalls nördlich von ihr erbittert gekämpft. Wir hatten 
hier am 29. Oktober im Angriff auf die Maisonette Ferme einen Erfolg. 
Er erregte allgemeine Freude, obschon er an und für sich unbedeutend 
war; gab es doch einmal im Westen einen glücklich verlaufenden Angriff!
	        
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