Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

  
  
Die Lage um die Jahreswende 1916/17. 
J. 
ie Aussichten für das neue Kriegsjahr waren trotz des so günstigen 
Abschlusses des Jahres 1916 überaus ernst. Es stand fest, daß die 
Entente auch für 1917 die größten Anstrengungen machen würde, nicht nur 
ihre Verluste zu ersetzen, wozu sie durchaus in der Lage war, sondern sich 
auch darüber hinaus zu kräftigen und ihre zahlenmäßige Überlegenheit zu 
steigern. Sie mußte so frühzeitig wie möglich, heftiger als im Herbst 1916, 
unsere noch ermüdeten Truppen angreifen, um den Endsieg zu erringen. 
Frankreich hatte seine Landeskinder bereits hergegeben. Seine Ba- 
taillone führten nur noch drei statt vier Kompagnien. Es besaß aber in 
seinem Kolonialreich einen außerordentlichen Menschenbestand, den es 
immer mehr und mehr heranzog. 
England vervollständigte und vermehrte seine Armee. 
Rußland insonderheit nahm sehr starke Neuformationen vor. Es 
beließ seinen Divisionen nur 12 Bataillone, den Batterien nur 6 Geschütze 
und bildete aus den überschießenden 4. Bataillonen und den 7. und 8. Ge- 
schützen jeder Batterie neue Divisionsverbände. In dieser Umorganisation 
lag ein großer Kraftzuwachs. 
Die rumänische Armee sollte von französischen Offizieren neu gebildet 
und geschult werden. Bei der Geistesverwandtschaft beider Völker und dem 
französischen Einfluß auf das rumänische Denken, namentlich auf die 
rumänische Armee, war vorauszusehen, daß der französische Offizier sich in 
die Psyche der rumänischen Armee hineinleben und viel erreichen würde. 
Weitere Neuformationen aus österreichisch-ungarischen Kriegsgefan- 
genen und venizelistischen Griechen mußten erwartet werden. 
Dem gegenüber konnten Deutschland und seine Verbündeten nichts in 
die Wagschale werfen. Die von der Obersten Heeresleitung beabsichtigte 
Vermehrung der Artillerie und die vorgesehene Neubildung von 13 Dinvi- 
sionen war kein vollwertiger Zuwachs, da sie die bisher bestehenden Forma- 
tionen schwächten. Die Aufstellung der Infanterie-Bataillone war nur durch 
Verwendung des laufenden Ersatzes und Minderung der Bataillonsstärken 
zu erreichen. Eine wirkliche Verstärkung hätte die Schaffung eines pol- 
nischen Heeres geboten. Es war bald zu übersehen, daß sie nicht gelingen 
würde. Es blieb also nichts anderes übrig, als aus Deutschland und den
	        
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