Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Kriegsindustrie des Feindes 241 
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verbündeten Ländern soviel Menschenkraft zu bekommen, wie irgend 
möglich war. · 
Die zahlenmäßige Überlegenheit des Feindes gewann durch die immer 
mehr entwickelte Kriegsindustrie der Ententestaaten weiter gefahrvoll an 
Stärke. Sie war ausschließlich auf den Krieg eingestellt. Weitgehende 
Arbeiter-Zwangsgesetze und Verordnungen wurden erlassen und ohne 
entscheidenden Widerspruch hingenommen. Arbeitskräfte standen aus- 
reichend zur Verfügung. An Rohstoffen war kein Mangel, die Arbeits- 
leistung war nicht gesunken, das Leben ging in den Ententeländern seinen 
normalen Weg. Das Weltmeer war ihnen offen. Die Vereinigten Staaten 
Nordamerikas halfen jetzt in dem größten Umfange aus und schufen Neues. 
Die technische Ausstattung der Ententeheere erreichte immer größere 
Vollkommenheit und Kraft, so wie sie bisher noch nie dagewesen war. Im 
Westen war dies mit mitleidsloser Schärfe in Erscheinung getreten. Die 
Kämpfe im Jahre 1916 im Osten hatten auch hier eine sehr erhebliche 
Steigerung der technischen Kriegsmittel und namentlich der Munition ge- 
bracht. Rußland hatte seine eigene Kriegsindustrie zum Teil in das Kohlen- 
gebiet des Donjezbeckens verlegt und stark vermehrt. Japan lieferte immer 
fleißiger. Mit Fertigstellung der Murmanbahn und weiterer technischer 
Vervollkommnung der transsibirischen Bahn mußte auch die Einfuhr aus 
Japan, Amerika, England und Frankreich zunehmen. Die Entente war auf 
allen Kriegsschauplätzen in der Lage, ihre Überlegenheit an Zahl durch weitere 
gewaltige Kraftzuschüsse aus allen Gebieten der Kriegstechnik zu steigern 
und unsere Truppen in noch größerem Umfange zu zerschlagen, als es auf 
dem Schlachtfelde an der Somme und bei Verdun eingetreten war. 
Zur Hebung unserer Stärke konnte und mußte seitens unserer In- 
dustrie viel geschehen. Es war vorauszusehen, daß es lange dauern würde, 
bis hier sich das Wort zur Tat formte. Sicher stand, daß unsere Rüstungs- 
werke trotz ihrer gewaltigen Leistungen, auch wenn sie noch so viel Ar- 
beiter erhielten, nie in der Lage waren, den feindlichen Vorsprung einzu- 
holen, so lange die gewaltige feindliche Industrie ungestört unter friedens- 
ähnlichen Bedingungen weiterarbeitete. Ein Ausgleich der Kraft war dem- 
nach unter diesen Verhältnissen nicht zu erreichen. 
Bei unserer erheblichen Unterlegenheit an Menschen und Kriegsgerät 
gewann die Ausbildung des Heeres für die Abwehrschlacht an Bedeutung. 
Daß es unter diesen Verhältnissen mit größter Anspannung ausgerüstet, 
organisiert und eingeschult werden mußte, war klar. Alles Notwendige war 
eingeleitet. Wir wußten aber, daß der Feind sich unseren neuen Formen 
bald anpassen würde. Unser Vorsprung war nur ein vorübergehender. 
Die Oberste Heeresleitung hatte damit zu rechnen, daß die ge- 
waltige feindliche überlegenheit an Menschen und Kriegsmitteln sich im 
Kriegserinnerungen 1914—168. 16
	        
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