Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Friedensfrage 243 
  
schlacht und die Beanspruchung der Heimat waren Mittel der Kriegführung 
bedeutungsvollster Art. Sie konnten die Entscheidung hinausschieben, falls 
es der Regierung gelang, das Volk geschlossen auf den Krieg einzustellen. 
Sie konnten aber nie einen günstigen Ausgang des Krieges herbeiführen. 
Die Zukunft blieb daher durchaus unklar, auf Zufälligkeiten darf der Soldat 
nicht rechnen; so gewannen für uns die Friedens= und die U-Bootfrage 
eine außerordentliche Bedeutung. Es handelte sich um Frieden, um eine 
Niederlage ohne uneingeschränkten U-Bootkrieg und um die Möglichkeit 
eines Sieges durch diesen Krieg, indem wir zur See zum Angriff über- 
gingen, während wir zu Lande uns wehrten. 
Die Bezeichnung uneingeschränkter U-Bootkrieg ist nicht vollständig 
zutreffend, ebensowenig die Umschreibung „rücksichtsloser“ U-Bootkrieg. 
Der Reichskanzler beschäftigte sich im September 1916 in seinen Ge- 
danken mit einer Friedensvermittlung des Präsidenten Wilson. Eine 
solche war in Deutschland an vielen Stellen im höchsten Maße un- 
beliebt, da die einseitige Begünstigung der Entente-Staaten durch 
Amerika bei uns steigende Bitterkeit hervorgerufen hatte. Es war für 
die Staatsregierung nicht leicht, diese Stimmung unbeachtet zu lassen. Der 
Reichskanzler trat trotzdem an Seine Moajestät mit dem Vorschlag heran, 
den Botschafter Grafen Bernstorff anzuweisen, daß er den Präsidenten 
Wilson veranlassen möge, baldigst, jedenfalls noch vor seiner Wiederwahl 
Anfang November, den Mächten einen Friedensantrag zu machen. Ich 
war damit durchaus einverstanden und innerlich froh, wenn ich auch in 
Einschätzung des Vernichtungswillens unserer Feinde dem Vorschlage 
gegenüber skeptisch blieb. Ihre Aussichten für das Jahr 1917 waren 
so viel günstiger als die unsrigen, daß ich an einem Erfolg des Frie- 
densschrittes des Präsidenten Wilson zweifelte, wenn ich auch auf ihn 
hoffte. In großer Spannung wartete ich, ob ein solcher Antrag seitens des 
Präsidenten im Oktober gestellt würde. Aber der Tag seiner Wiederwahl 
im November und der ganze November vergingen, ohne daß er sich dazu 
entschloß. Ich rechnete nun nicht mehr mit seiner Vermittlung. 
Graf Burian trat jetzt mit dem Vorschlage hervor, der Vierbund möge 
selbst tätig vorgehen und seinerseits den Feinden ein Friedensangebot 
machen. Ich stand diesem Schritt mit derselben Skepsis gegenüber, aber 
der Versuch war zu machen. Wir mußten nur alles vermeiden, was nach 
einem Schwächezeichen aussah. Dies hätte auf Heer und Volk drückend 
gewirkt und wäre nur ein Anreiz für die Entente gewesen, ihre Anstren- 
gungen, uns niederzuschlagen, zu verdoppeln. Ich arbeitete bei diesem 
Friedensschritt, soweit mich der Reichskanzler beteiligte, mit. Um beim 
Feinde nicht den falschen Gedanken aufkommen zu lassen, daß uns Schwäche 
triebe, bat ich, mit seiner Ausführung zu warten, bis der Feldzug in Ru- 
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