244 Die Lage um die Jahreswende 1916/17
mänien zu einem gewissen Abschluß gekommen sei. Am 6. Dezember fiel
Bukarest, und damit hielt ich die militärische Lage für so gesichert, daß ich
kein Bedenken gegen die Bekanntgabe der Friedensnote hatte. Auch die Hilfs-
dienstpflicht, die inzwischen Gesetz geworden war, erweckte den Anschein des
entschlossenen Willens, bei Ablehnung unseres Angebotes weiterzukämpfen.
Seine Moajestät der Kaiser hatte dem Friedensschritt sein volles Inter-
esse zugewandt. Sein hohes Verantwortungsgefühl, der Welt sobald als
möglich den Frieden zu geben, trat klar hervor. Am 12. Dezember erfolgte
das Friedensangebot des Vierbundes. über unsere etwaigen Friedens-
bedingungen erfolgte ein Gedankenaustausch, der in der Weisung an den
Grafen v. Bernstorff am 29. Januar seinen Niederschlag finden sollte.
Der Widerhall, den die Friedenskundgebung in den Ententepresse fand,
war denkbar ungünstig. Auf irgendeine Verständigungsmöglichkeit mit der
Entente war schon sehr bald nicht mehr zu rechnen. Sie hatte sich fest durch
Abmachungen und Geheimverträge gebunden, die nur durch unsere voll-
ständige Niederlage zu verwirklichen waren. Am 30. Januar erfolgte die
Antwort der Entente, sie mußte jeden Zweifel an ihrem Vernichtungs-
willen beseitigen. Der Einwand, der Ton unseres Angebots hätte von
vornherein einen Erfolg ausgeschlossen, ist nicht stichhaltig. Unserer ganzen
Lage nach mußten wir eine zuversichtliche Sprache führen. Ich trat dafür
auch im militärischen Interesse ein. Unsere Truppen hatten Gewaltiges
geleistet. Wie mußten sie es auffassen, wenn wir anders sprachen.
Das Friedensangebot durfte der Kampfkraft des Heeres nicht schädlich
werden und ist es auch nicht geworden, da es zunächst vereinzelt
blieb, und der Geist des Heeres noch gut war. Wollte die Entente ehrlich
einen Frieden des Rechts und der Versöhnung, so konnte und mußte sie
an den Verhandlungstisch kommen. Hier konnte sie ihre Forderungen vor-
bringen. Wären die Verhandlungen an einem etwaigen Annexions-
willen der deutschen Vertretung gescheitert, so war die Entente in
der Lage, unter Hinweis auf unsere Haltung ihre Völker von neuem zum
Kampf zu entflammen. Wir aber hätten in diesem Fall das schon damals
den Frieden ersehnende deutsche Volk gar nicht mehr zum Kampf bekom-
men. Noch viel weniger wären unsere kriegsmüden Bundesgenossen weiter
mit uns gegangen. Dieser einfache Gedankengang zeigt überzeugend, daß
wir zu einem Frieden der Gerechtigkeit und Versöhnung bereit waren, als
wir das Angebot erließen.
Die Ablehnung der Entente hier und bei allen späteren Gelegenheiten
zeigt ebenso klar, daß sie keine Verhandlungen wollte, die von unserer ehr-
lichen Friedensbereitschaft aller Welt Kunde gegeben hätten. Sie be-
fürchtete davon eine Schwächung des Vernichtungswillens im eigenen
Lager und wollte uns doch im Frieden entscheidend treffen und schwächen.