Der Vernichtungswille des Feindes 245
Inzwischen hatte Präsident Wilson nun doch am 18. Dezember an die
kriegführenden Staaten eine Note gerichtet, um „von allen jetzt krieg-
führenden Staaten ihre Ansichten über die Bedingungen zu erfahren, unter
denen der Krieg zum Abschluß gebracht werden könnte". Der Präsident
wollte anscheinend die beiderseitigen Forderungen ausgleichen und eine
Einigung auf der Mittellinie finden. Er dachte an einen Frieden ohne
Sieger und Besiegte. Die Note wurde am 21. überreicht. Die Reichsregie-
rung war von dieser Absicht Wilsons im November unterrichtet worden.
Es war ihr damals nach seinem langen Zögern wohl fraglich ge-
wesen, ob der Präsident seine Absicht auch wirklich ausführen würde. Im
einzelnen kenne ich aber die Gedankengänge der Regierung nicht.
Die Regierungen des Vierbundes schlugen schon am 26. Dezember den
baldigen Zusammentritt von Vertretern der kriegführenden Staaten an
einem neutralen Ort vor. Sie wichen von den Absichten Wilsons ab, indem
sie selbst mit den Gegnern verhandeln wollten. Die Rücksicht auf die Stim-
mung in Deutschland gegen Amerika mag dafür mitbestimmend gewesen
sein. Die Entente verhielt sich jedoch durchaus ablehnend. Ihre Antwort
vom 12. Januar war eine Bestätigung ihrer Note vom 30. Dezember,
nur vielleicht von noch schärferem Vernichtungswillen getragen als jene.
Der eiserne Wille Lloyd Georges sprach daraus, der Anfang Dezember die
Regierungsgewalt in England auch der Form nach übernommen hatte.
Es ist gut, die Noten der Entente auf unser Friedensangebot und auf die
Wilson-Note immer wieder zu lesen. Das Urteil vieler über die Möglich-
keit eines Verständigungsfriedens wird sich dann klären.
Beide Versuche, dem Frieden näher zu kommen, waren somit gescheitert.
Der Krieg hatte nach dem Willen der Entente weiterzugehen. Er sollte nur
durch Waffengewalt entschieden werden. Die Parole konnte nur Sieg oder
Niederlage lauten. Es ergab sich hieraus ein gewaltiges Weiterrüsten und
die Erhaltung des Kriegswillens, wie es unsere Anträge bezweckten, aber
auch die Anwendung aller Kriegsmittel, über die Deutschland verfügte.
III.
Der Generalfeldmarschall und ich hatten den U-Bootkrieg als Unter-
wasserkrieg in der verschärften Form des Sperrgebietskrieges bei unserer
Auffassung der Lage und unserer leider gerechtfertigten Skepsis gegenüber
dem Gelingen der Friedensschritte schon frühzeitig in den Bereich unserer
militärischen Betrachtungen gezogen.
Der uneingeschränkte U-Bootkrieg war das letzte Mittel geworden,
den Krieg in absehbarer Zeit siegreich zu beenden. Konnte der U-Boot-
krieg in dieser Form entscheidend wirken — und die Marine rechnete da-