Die Frage des U-Bootkrieges 247
die er in der Voraussetzung tat, daß wir Gegner des U-Bootkrieges
wären.
Im Oktober 1916 setzte der U-Boot-Kreuzerkrieg ein, in dem die
Schiffe angehalten und durchsucht werden mußten. Er hatte gute Erfolge
und rief Unruhe im feindlichen Wirtschaftsleben hervor. Das sprach für
die Waffe. Es war aber sehr bald mit dem Wachsen der gegnerischen Ab-
wehr und dann mit Verminderung der Ergebnisse zu rechnen.
In der Beurteilung der Wirkung des U-Bootkrieges in seinen ver-
schiedenen Formen auf die Kriegführung in politisch-wirtschaftlicher Be-
ziehung waren wir auf das Urteil des Chefs des Admiralstabes und des
Reichskanzlers angewiesen. Die Oberste Heeresleitung war mit beiden
Stellen hierüber und über die Zweckmäßigkeit des uneingeschränkten
U-Bootkrieges im besonderen in dauernder Verbindung.
Nach unseren Siegen in Rumänien erwartete die Oberste Heeresleitung
ein Eingreifen Hollands und Dänemarks in den Krieg zu unseren Ungunsten
nicht mehr. Immerhin war nichts aufs Spiel zu setzen; der U-Bootkrieg
durfte als Sperrgebietskrieg, wenn es erforderlich würde, erst dann geführt
werden, wenn der rumänische Feldzug beendet war und Truppen von dort
wieder in Deutschland und an der West= und Ostfront eintrafen. Wir konn-
ten frühzeitig übersehen, daß dies vor Anfang Februar nicht der Fall sein
würde. Ebenso schien es selbstverständlich, daß die Wirkung etwaiger Ver-
mittlungsversuche des Präsidenten Wilson, zu denen die Reichsregierung im
September angeregt hatte, und dann unser Friedensangebot und dessen
Wirkung abgewartet werden mußten. Sah es nach Beendigung der Feind-
seligkeiten aus, dann war auch der U-Bootkrieg in der beabsichtigten Form
nicht mehr nötig. Alle Überlegungen wurden hinfällig. Über den Erfolg
unserer Friedensbemühungen mußten die letzten Dezember= oder die ersten
Januartage Gewißheit bringen. Auch dies wies für den gegebenenfalls
erforderlichen Beginn des uneingeschränkten U-Bootkrieges auf Anfang
Februar hin.
Die Reichsregierung kam von ihren früheren Bedenken über die Hal-
tung Hollands und Dänemarks zurück, auch bezüglich der Schweiz,
Spaniens, Norwegens und Schwedens äußerte man sich ohne Sorge. Da-
gegen rechnete sie mit einer gewissen Bestimmtheit auf die Beteiligung
der Vereinigten Staaten Nordamerikas an dem Kriege gegen uns. Die
Oberste Heeresleitung mußte diese Ausführungen, vorgetragen von den
verantwortlichen Instanzen, in ihre militärische Rechnung stellen. Es be-
deutete für die Kriegführung der Entente für das erste Jahr des Beitritts
die Verstärkung um etwa fünf bis sechs Divisionen, für die spätere Zeit,
falls der U-Bootkrieg nicht wirken würde, eine ernste und stark ins Gewicht
fallende Vermehrung der feindlichen Kraft. Daß Amerika, wenn es ein-