248 Die Lage um die Jahreswende 1916/17
griff, sich ebenso rüsten würde, wie England es getan hatte, und daß die
Entente die Vereinigten Staaten ihrer ganzen Auffassung und Energie
zufolge zu immer neuen Rüstungen veranlassen würde, war unzweifelhaft.
In bezug auf die Steigerung der Kriegsindustrie der Vereinigten Staaten
hatte ich keine besonderen Befürchtungen. Sie arbeitete schon jetzt für die
Entente mit aller Kraft.
Der Chef des Admiralstabes, ein Freund des Reichskanzlers, zugleich
aber ein warmer Befürworter des uneingeschränkten U-Bootkrieges, stellte
eine kriegsentscheidende Wirkung solcher U-Bootkriegführung innerhalb
eines halben Jahres in sichere Aussicht. Der Schiffsraumverlust, die Ver-
minderung der Überseezufuhr würden in England wirtschaftliche Schwie-
rigkeiten zeitigen, die die Fortsetzung des Krieges ausschlössen. Er bezog
sich hierbei außer auf seine eigene pflichtmäßige Anschauung auch
auf Gutachten hervorragender Vertreter des deutschen Wirtschaftslebens.
Der Mangel an Schiffsraum würde die Kriegstransporte, zunächst die
zahlreichen Kriegsgerättransporte nach Frankreich, einschränken, sie
würden auch gelegentlich unmittelbar getroffen werden. Die Zahl der
U-Boote wäre für diese Aufgaben hinreichend, der Ersatzbau würde auch nach
Ansicht des Reichs-Marineamts so gefördert, wie dies nur irgend mög-
lich sei, der Ausfall reichlich Deckung finden. Allerdings wäre im Jahre
1916 nach der grundsätzlichen Preisgabe des U-Bootkrieges nicht mit ge-
steigerter Kraft gebaut worden. Die Frage des Personals könne gelöst
werden. Es müsse vornehmlich dem zweiten Geschwader entnommen
werden, das aus den ältesten Schiffen bestand, aber auch die anderen
Schiffe müßten Offiziere und Ingenieure mittleren Dienstalters hergeben.
Selbstverständlich durfte auch die Flotte nicht unter eine gewisse Stärke
herabgehen. Sie mußte gegenüber den durch zahlreiche Neubauten und
durch den etwaigen Hinzutritt der Vereinigten Staaten immer stärker wer-
denden feindlichen Seestreitmitteln eine solche Kraft darstellen, daß die
Durchführung des U-Bootkrieges gesichert würde. Die Flotte hatte den
Booten den Weg durch den feindlichen Minengürtel zu ermöglichen. Sie
blieb damit so achtunggebietend, daß sie jeden Versuch feindlicher Flotten,
den Verkehr in der Ostsee zu unterbinden, von vornherein ausschloß.
Der Chef des Admiralstabes hoffte durch die Ankündigung des unein-
geschränkten U--Bootkrieges gleichzeitig eine abschreckende Wirkung auf die
neutrale Schiffahrt auszuüben, die bisher vornehmlich der Entente zugute
gekommen war. Er war sich klar, daß hierzu die rücksichtslose Unterstützung
der politischen Stellen gehöre, die er in der Folge zuweilen vermißte.
Die technische Ausführung der Truppentransporte von Amerika nach
Frankreich und die Bewältigung des Nachschubes wurden besprochen. Die
Marine rechnete einen Schiffsraumbedarf von wenigstens 5 Br. Reg. T.