Das Hilfsverdienstkreuz 263
schlaggebenden Bedeutung, die ich der von der Obersten Heeresleitung ge-
förderten Kriegsarbeit beilegte, ebenso stolz wie meine anderen Kriegs-
orden getragen, wenn auch mit einer gewissen Wehmut. Ich dachte an die
Folgen des Hilfsdienstgesetzes, das mir immer mehr und mehr eine schwere
Enttäuschung bereitete.
Um der erweiterten Industrie die nötigen Facharbeiter zu beschaffen,
mußte die Oberste Heeresleitung tief in die Mannschaftsbestände des
Heeres eingreifen und dieses schwächen. Im Winter 1916/17 wurden
allein 125000 Mann entlassen, sie sollten, sobald sie wieder frei ge-
macht werden konnten, dem Heere zurückgegeben werden. Ich regte dauernd
an, daß die militärischen Behörden und die Industrie schleunigst mit der
Ausbildung eines Facharbeiterersatzes beginnen und Kriegsbeschädigte
sowie Frauen heranziehen sollten. Gewiß ist auch viel geschehen, es wurde
aber nicht überall mit dem Nachdruck gearbeitet, den unsere Lage erforderte.
Es kam hinzu, daß die Reklamierten Freizügigkeit erhielten und ihre
Kontrolle nicht mehr möglich wurde.
Die Erweiterung der Industrie hat dem Heere ungeheure materielle
Kräfte zugeführt. Sie hat ihm aber auch Menschenkraft gekostet. Je mehr
dies der Fall und je größer bei den zunehmenden Verstärkungen des
Feindes der eigene Bedarf an Menschen wurde, desto mehr hielt die Oberste
Heeresleitung es dem Vaterlande und dem Heere wie dem einzelnen Mann
an der Front gegenüber für ihre Pflicht, darauf zu dringen, daß daheim
auch wirklich gearbeitet würde. Dem Heere durfte nicht noch mehr entzogen
oder vorenthalten werden. Das Herabgehen der Arbeitsleistung, das nicht
ohne weiteres durch äußere Umstände zu erklären war, und Streiks waren
Erscheinungen, die die Kriegsfähigkeit des Vaterlandes unmittelbar auf
das schwerste schädigten. Sie waren eine Versündigung an dem Mann in
der Front und auch nach Ansicht des Reichsgerichts ein Verrat an der
Heimat. Ohne staatliche Führung, verblendet und verhetzt, hat ein Teil der
deutschen Arbeiterschaft das Vaterland, die Kameraden und sich selbst in
unermeßliches Elend gestürzt; das wird immer eine Anklage von furcht-
barer Schwere gegen diesen Teil der Arbeiterschaft bleiben.
Die Regierung mußte durch Aufklärung über den Ernst unserer Lage
auf die Arbeiterschaft im besonderen einzuwirken suchen, sie durfte aber
auch vor Gewaltmaßregeln nicht zurückschrecken, wenn es wirklich nicht
anders gehen sollte. ·
Die Oberste Heeresleitung konnte nicht verkennen, daß bei den Rekla—
mationen selbst Begünstigungen vorkamen, die nach allen Richtungen hin
ähnlich verbitternd wirken mußten wie die Drückebergerei in der Heimat.
Wiederholt bat ich das Kriegsministerium, diese Mißstände abzustellen.
Es war natürlich, daß wir in unserer Not auch an die besetzten Ge—