Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

268 Die Grundlage der weiteren Kriegführung und das Kriegsinstrument 
  
  
kam hinzu, daß die Fabriken, die im Frieden Lokomotiven gebaut hatten 
und für die ausgesprochene Kriegsindustrie umgestellt waren, dem Loko— 
motivbau zurückgegeben werden mußten. Unsere Verkehrsmittel bedurften 
nachgerade einer gründlichen Auffrischung. Ihre Arbeit mußten andere 
Fabriken übernehmen, sämtliche Betriebe mußten möglichst gut ausgenutzt 
werden. Die vermehrte Herstellung erforderte Vergrößerung der Anlagen 
und diese wieder Zeit. An anderer Stelle waren Betriebe still oder zu- 
sammen zu legen. Es fand ein gewaltiger Eingriff ins Wirtschaftsleben 
statt, und zwar ein um so größerer, als vieles nachzuholen war. 
Geraume Zeit mußte vergehen, bis die Arbeiten im Hindenburg-Pro- 
gramm begannen, weitere Zeit, bis die Rohstoffe zum Kriegsgerät wurden. 
Das Programm mußte auch Nachprüfungen unterworfen und beschränkt 
werden. Unsere Anschauungen klärten sich und wir sahen, daß die 
nötigen Arbeitskräfte nicht aufgebracht werden konnten, ohne die Ersatz- 
gestellung für das Heer und die Marine zu gefährden. Es erhoben 
sich später Stimmen, daß das ganze Hindenburg-Programm ein Fehler 
gewesen sei, und daß die Oberste Heeresleitung das Kriegsministerium 
ruhig hätte weiterarbeiten lassen sollen. Diesem hätten nur ihre Auf- 
träge gefehlt. Der Generalfeldmarschall und ich mußten mit dem rechnen, 
was wir vorfanden, und das war ungenügende Versorgung des Heeres mit 
Kriegsgerät, trotz der Anwesenheit des Kriegsministers im Großen Haupt- 
quartier und obwohl alle Welt davon sprach. Selbstverständlich wäre 
eine planmäßige, der Größe der Aufgabe gerecht werdende Umstellung 
unserer Friedensindustrie in die Kriegsindustrie, die schon im Frieden vor- 
bereitet oder während der beiden ersten Kriegsjahre planmäßig durch- 
geführt wurde, erheblich besser gewesen als dieses plötzliche Anschwellen der 
Kriegsindustrie. Die Oberste Heeresleitung fand aber solche idealen Ver- 
hältnisse nicht vor, sondern mußte handeln. Es ist immer dasselbe: vorher 
geschieht nichts Genügendes, die Kritik tadelt dies, findet aber keine näheren 
Angriffspunkte. Wird aber etwas geschaffen, entsteht etwas, bildet sich sogar 
ein mächtiger Bau, dann hat die Kritik etwas, wo sie einsetzen kann. Sie 
wird oft richtig sein. Nachträglich ist es leicht, alles zu übersehen. Der 
schwerste Fehler bleiben aber immer die Untätigkeit und das Unterlassen; 
sie sind schlimmer als ein etwaiger Fehigriff in der Methode. Tatsächlich ist 
das Hindenburg-Programm wirklich ein Programm geworden; es hat mehr 
gebracht als die anderen Teile des großen Programms, in die wir nicht so 
eingreifen konnten. 
Schließlich kam die Industrie in Gang. Die Durchführung des Hin- 
denburg-Programms bedeutet dank der Wirksamkeit des aus der Feld- 
zeugmeisterei hervorgegangenen Waffen= und Munitions-Beschaffungs- 
Amtes eine ganze Tat. Das Amt stand unter General Coupette, der mit
	        
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