Die Kriegsindustrie 269
technischen und industriellen Fragen besonders vertraut war, mit ihm
wirkten in gleichem Sinne seine bedeutenden willensstarken Chefs, Major
Stadtlaender und Oberst Wurtzbacher. Das Heer weiß, was es diesem
Amt und den an dessen Spitze stehenden Männern zu danken hat.
Die Industrie hat die Kriegführung unterstützt; das wird immer ein
Ruhmesblatt für sie sein. Nachdem ihr angegeben war, welche Anforde-
rungen an sie gestellt würden, hat sie sich mit der ihr eigenen Tatkraft an
die Erfüllung der zugewiesenen Aufgabe gemacht und immer Besseres ge-
leistet. Daß sie sich vom Staate entsprechend bezahlen ließ, war bei dem
Risiko und bei der großen finanziellen Inanspruchnahme durch unsere For-
derungen ebenso ihr gutes Recht, wie es das Recht des Arbeiters war, gute
Löhne von ihr zu verlangen. Übertreibungen und selbstsüchtiges Denken
verwarf ich schon im Interesse der Soldaten. Es war Aufgabe der Regie-
rung, achtzugeben und Maßnahmen zu treffen, daß die ungeheuren Mehr-
forderungen des Hindenburg-Programms nicht unsere wirtschaftlichen Ver-
hältnisse noch verschlimmerten. Steuern konnten nur zum Teil ausgleichend
wirken. Gewinn, der zum Wucher wurde, war verwerflich. Daß wir es
nicht fertig bekamen, ihn auszurotten, habe ich für die Erhaltung des
Geistes in Heer und Heimat tief bedauert. Oft genug versuchte ich es im
Interesse unserer Kriegführung zu erreichen. Der Kriegsgewinnler ist eine
widerliche Erscheinung, der mit dem von ihm ausgehenden zersetzenden
Einfluß unberechenbaren Schaden anrichtete.
Auf Anregung der Obersten Heeresleitung war inzwischen eine Ande-
rung innerhalb des Kriegsministeriums vorgenommen.
Als Zentralbehörde für die gesamte Kriegswirtschaft entstand das
Kriegsamt. In ihm bearbeiteten das Ersatz= und Arbeitsdepartement die
Menschenfrage, die Kriegsrohstoff-Abteilung die Rohstoffrage und endlich
das oben genannte Waffen= und Munitions-Beschaffungsamt die Ferti-
gungsfrage. Die Erwartungen, die ich an das Kriegsamt für das Auf-
bringen der menschlichen Kräfte stellte, haben sich nicht erfüllt. Auch dieses
Amt sah alle diesbezüglichen Fragen scheinbar allein unter dem Ge-
sichtswinkel der inneren Politik an, statt die Erfordernisse des Krieges
voranzustellen. Ich hatte auch gehofft, daß es ihm gelingen würde, Arbeit-
geber und Arbeitnehmer einander näher zu bringen. Der Wunsch nach
einer gegenseitigen Annäherung war an vielen Stellen vorhanden.
Die Lösung der Fertigungsfrage wäre erleichtert worden, wenn dem
Kriegsamt von vornherein die gesamte Kriegsindustrie, auch die für Pionier=
geräte, Kraftwagen und Flugzeuge und namentlich die der Marine unter-
stellt worden wäre. Es wurde jedoch hierbei nicht durchgreifend gehandelt.
Auch in den besetzten Gebieten und den Generalgouvernements suchten
wir die Kriegsindustrie zu beleben. Das war nur in beschränktem Um-