Die Rohstoffversorgung 271
Die Grundfrage für die Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens in
der Heimat bildete die Verkehrslage. Sie hing wiederum ab von Lokomo—
tiven, Eisenbahnwagen und Personal und stand mit der Kohlenförderung
in engstem Zusammenhang. Der Minister v. Breitenbach hatte für den
Heeresbedarf nach allen Richtungen hin sehr viel hergegeben. Personal
und Material waren überanstrengt, die Lokomotiven insonderheit stark mit-
genommen. Durch Zurückgabe von Fabriken an den Lokomotiv= und
Wagenbau war zunächst etwas geschehen. Die Oberste Heeresleitung half
dem Minister der öffentlichen Arbeiten auch weiterhin — durch Entlassungen,
die das Heer schwächten, allerdings nur ungern. Sie ließen sich aber nicht
vermeiden, da das Bahnpersonal entlastet werden mußte. Wir hatten uns.
in vielen Dingen auf einen kurzen Krieg eingerichtet und mußten uns nun
hier wie anderwärts auf lange Kriegsdauer einstellen. Unsere militärischen
Anforderungen an die heimatlichen Eisenbahnen blieben dabei sehr hohe.
Wir hatten den belgischen Eisenbahnpark und auch in Nordfrankreich.
Lokomotiven und Wagen in Besitz genommen, das genügte aber nicht. Er-
beutetes russisches Material war wegen der breiteren Spur nicht verwendbar.
Unsere Bundesgenossen belasteten unseren Lokomotiv= und Wagen-
bestand zudem ungemein schwer. Auf den österreichisch-ungarischen Bahnen.
liefen viele Hunderte deutscher Lokomotiven und einige 10 000 deutscher-
Wagen. Bulgarien und die Türkei erhielten ebenfalls von uns Eisenbahn-
gerät und auch Personal. Wir hatten jetzt in Rumänien Material erbeutet,
aber auch der Feind hatte mehrere tausend deutscher Wagen nach der
Moldau geführt und sie dort für sich behalten. Unsere besetzten Gebiete mit
ihren so ausgedehnten Strecken verlangten Betriebspersonal in Stärke einer
Armee und Betriebsmittel in bedeutendem Umfang.
Die Oberste Heeresleitung trat durch den Feldeisenbahnchef an den
Minister mit einer Reihe von Anträgen heran, um durch verschiedene Maß-
nahmen, z. B. Beschränkung des Verkehrs, eine größere Regelmäßigkeit
des Betriebes in der Heimat zu erreichen. In den besetzten Gebieten wurde
in dem gleichen Sinne gearbeitet. Was damals nicht ging und auch in vollem
Umfange wegen unseres Wirtschaftslebens nicht möglich war, mußte unter
den drückenden Waffenstillstandsbedingungen und der Revolution durch-
geführt werden. Wie gespannt die Verkehrslage damals war, geht daraus
hervor, daß Pulver= und Sprengstoffabriken, auf deren Leistungen alles
ankam, tagelang stillstanden. Sie erhielten keine Kohlen durch die Eisen-
bahn zugeführt, obschon Kohle da war. Es kam so weit, daß ich mir die
Versorgung der Pulverfabriken täglich melden ließ.
Der Chef des Feldeisenbahnwesens, Oberst v. Oldershausen, und sein
Chef, Major v. Stockhausen, waren Persönlichkeiten, die sich ihrer um-
fassenden Aufgabe mit großem Verständnis unterzogen. Sie standen