Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

286 Die Grundlage der weiteren Kriegführung und das Kriegsinstrument 
  
Es hatte selbst das Wort vom „preußischen Militarismus“ geprägt, 
obschon dieser „preußische Militarismus“, der Geist selbstloser Pflicht- 
treue, das Aufgehen des einzelnen in dem Staatsgedanken, Preußen ge- 
schaffen und Deutschland seine glänzende Entwicklung gewährleistet hatte. 
Er war gleichbedeutend mit dieser geworden. Man sah Aufßerlichkeiten 
als das Wesen des Militarismus an und verkannte die nationale Kraft, die 
von ihm ausging. Statt ihn zu bekämpfen, mußte man ihn vergeistigen. Selbst 
hohe Regierungsbeamte hielten mir dieses Wort vorwurfsvoll während des 
Krieges entgegen; war es dann vielen zu verdenken, daß sie ein gutes Werk 
zu tun glaubten, wenn sie sich gegen den „Militarismus“ wandten, obschon 
sie seinen Begriff nicht einmal festzulegen vermochten? Viele wußten 
allerdings auch, was sie mit diesem Kampf beabsichtigten: er galt der 
Autorität! 
Die Entente kannte diese Stärke des „preußischen Militarismus“ sehr 
gut. Sie wußte wohl, warum sie sich gegen ihn wandte. Sie wußte auch, 
was sie tat, wenn sie in Deutschland gegen das Offizierkorps, zu guter Letzt 
den Träger der Staatsgewalt, schürte. Sie handelte zielsicher, wenn sie 
namentlich in Süddeutschland gegen Preußen, wenn sie gegen den Kaiser, 
das Symbol der Reichseinheit, sowie gegen den Deutschen Kronprinzen hetzte 
und dem deutschen Volke goldene Berge zusicherte für die Zeit, da es sich erst 
des Kaiserhauses und seiner anderen Dynastien entledigt haben werde. 
Später beschäftigte sich die feindliche Propaganda auch mit meiner 
Person. Volk und Heer waren mit Zweifeln an dem Tun der Obersten 
Heeresleitung zu erfüllen, der Glaube an den Enderfolg des Krieges sollte er- 
schüttert, das Vertrauen zu dem Mann entwurzelt werden, der den Entente- 
Interessen starken Widerstand zu leisten sich bemühte. 
Der feindlichen Propaganda gelang es in Anlehnung an unsere demo- 
kratischen Anschauungen, unsere Regierungsform als autokratisch in 
Deutschland und in der ganzen Welt in Verruf zu bringen, obschon unser 
Kaiser nicht die Machtfülle besaß wie der Präsident der Vereinigten 
Staaten, und das Wahlrecht zum Reichstage, also der ausschlaggebenden 
Volksvertretung im Reich, demokratischer war als das Wahlrecht in vielen 
anderen Ländern. 
Die feindliche Propaganda verfolgte immer ausgesprochener das Ziel, 
die Einigkeit des Deutschen Reiches zu erschüttern, Deutschland von seinem 
Herrscherhaus und die Dynastien und Regierungen vom Volk zu trennen: 
das war der politische Umsturz. 
Sie war sich bewußt, wie die Worte „Verständigungsfrieden“", „Ab- 
rüstung nach dem Kriege“, „Völkerbund“ und dergleichen mehr auf das 
deutsche Volk bei seinem unpolitischen und unkriegerischen Denken in seiner 
großen Not wirken würden. Folgte es doch nur zu gern in bewußter und
	        
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