Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

300 Die Grundlage der weiteren Kriegführung und das Kriegsinstrument 
  
VIII. 
Eine gute Propaganda muß der Entwicklung der tatsächlichen politischen 
Ereignisse weit vorauseilen. Sie muß Schrittmacherin für die Politik sein 
und muß die Weltmeinung formen, ohne daß diese sich dessen bewußt wird. 
Bevor die politischen Absichten in die Tat umgesetzt werden, gilt es, die Welt 
von ihrer Notwendigkeit und ihrer moralischen Berechtigung zu überzeugen. 
Das, was erstrebt wird, muß sich als psychologische Folgewirkung wie von 
selbst ergeben. Wir bedienten uns der Propaganda nach außen nicht, kannten 
sie wohl kaum, obschon nach innen gegen bestimmte Personen sehr geschickt 
gearbeitet wurde. Unsere politischen Ziele und Entscheidungen wirkten, da 
sie in überraschender Plötzlichkeit der Welt geboten wurden, oft brutal und 
sprunghaft. Durch eine großzügige und vorausschauende Propaganda 
wäre dies spielend vermieden. 
Neben dem Willen zur Propaganda im Frieden fehlten uns auch die 
Grundlagen hierfür. Wir hatten keinen Welttelegraphendienst mit eigenem 
Kabel= und Funkenstationennetz. Versuche, Abhilfe zu schaffen, waren noch 
nicht zur Tat geworden. Wir entbehrten eine führende Zeitung auf starker 
nationaler Grundlage, von dem Einfluß auf das Ausland und der Be- 
deutung für das Inland. wie die „Times“ in England, der „Temps"“ in 
Frankreich und die „Nowoje Wremja“ in Rußland. Alle drei Blätter 
standen selbstsicher auf betont nationalem Boden. Die Zeitungen, von 
denen das Ausland aus Deutschland unmittelbar Kunde erhielt, huldigten 
dem Internationalismus, stellten sich in grundsätzliche Gegnerschaft zu 
unserer Regierungsform und gaben von deutschem Denken und Wesen und 
den Zuständen bei uns ein einseitig gestaltetes und falsches Bild. 
Es galt auf dem Gebiet der Propaganda lang Versäumtes nachzuholen, 
den Kampf gegen die feindlichen Heimatfronten ins Leben zu rufen und ihn 
zur Verschärfung der Wirkung des U-Bootkrieges, der alsbald beschlossen 
wurde, mit aller Gewalt zu führen. Wir durften nicht auf die Kriegsmittel 
von einschneidender Wirksamkeit verzichten. 
Aus Gesprächen, die ich mit leitenden Persönlichkeiten hatte, entnahm 
ich, wie sehr die Notwendigkeit einer Propaganda mit großen, bei den 
Massen werbenden, lebensfähigen Gedanken auch jetzt noch im Kriege ver- 
kannt wurde. Die Regierung stand ihr lau und zweifelnd gegenüber. Sie 
verstand ihr Wesen noch immer nicht. Man lehnte sie ab, weil man sie für 
zu marktschreierisch hielt, während doch die richtige Propaganda darin 
besteht, daß man ihr Vorhandensein nicht merkt: sie arbeitet geräuschlos. 
Die Regierung hielt, wohl in Erkenntnis ihres eigenen Unvermögens eine 
großzügige kräftige Gegenwirkung unsererseits gegen die feindliche Propa- 
ganda für ein mehr oder weniger aussichtsloses Unternehmen. Mit dieser
	        
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