Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Mittel und Wege der Propaganda 303 
  
und jede Äußerung über einen Frieden, vor allem über einen eigenen 
„Verständigungsfrieden“. 
Auch im neutralen Auslande und in den verbündeten Staaten haben 
wir Wesentliches nicht erreicht. 
Wir versuchten auch, Propaganda an der feindlichen Front zu treiben. 
Im Osten hatte sich der Russe selbst sein Unglück bereitet, da war unsere 
Arbeit von untergeordneter Bedeutung. Im Westen war die gegnerische Front 
durch den Geist der Heimat noch nicht empfänglich gemacht, da konnte auch 
die Frontpropaganda, die wir nach und nach einleiteten, keinen Erfolg haben. 
Anders wäre es gewesen, wenn hinter Oberst v. Haeften der Reichs- 
kanzler mit der ganzen Macht seines hohen Amtes und einem starken 
Willen gestanden hätte. Ich bat ihn oft, etwas Ganzes zu schaffen. Die 
Einrichtung einer deutschen Propaganda-Reichsbehörde wurde zu einer 
unabweisbaren Notwendigkeit. Ich legte um so mehr Wert hierauf, als 
die Propaganda durch staatsmännische Kundgebungen sich immer wirk- 
samer erwies. Lord Northcliffe hatte nicht unrecht, wenn er behauptete, 
die Rede eines englischen Staatsmannes sei für England 20 000 Pfund 
wert, 50 000 Pfund, wenn die Deutschen sie nachdruckten, und 100 000 
Pfund, wenn sie nicht darauf antworteten. Auf das Trommelfeuer von Kund- 
gebungen der feindlichen Staatsmänner erfolgte unsererseits keine wirksame 
Abwehr, viel weniger noch dachten wir daran, es zu ersticken. Diesen Kampf 
konnte die militärische Stelle des Auswärtigen Amtes nicht organisieren, 
dazu war nur eine Reichsbehörde in der Lage, die besondere Autorität be- 
saß. Endlich, im August 1918, wurde nach dieser Richtung hin ein 
schwacher Anlauf genommen, man schuf etwas ganz Unvollkommenes:; 
außerdem war es — zu spätl 
Unter diesen Verhältnissen war nicht zu erreichen, daß Österreich- 
Ungarn und Deutschland in ihrer Propaganda einheitlich auftraten, wie 
es auf seiten der Entente so vorbildlich der Fall war. Wir sahen alles 
als „innere“ Angelegenheiten an, die nur uns oder Österreich-Ungarn 
etwas angingen, anstatt zu verstehen, daß wir nur ein Körper waren, 
gegen den der Feind seinen drohenden Arm zum vernichtenden Schlage 
erhoben hatte. 
Das Heer fand keinen Bundesgenossen in einer starken, von der 
Heimat ausgehenden Propaganda. Deutschland versagte im Kampf gegen 
die Psyche der feindlichen Völker, während sein Heer auf den Schlacht- 
feldern siegreich war. 
IX. 
Das Heer erhielt im Herbst 1916 nur noch einen geringen Zuschuß an 
sittlicher Kraft aus der Heimat. Zu Mißständen hatte dies bisher noch
	        
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