Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Weiterer Ausbau des Heeres 305 
  
Divisionsverbände stehend, an den Kampffronten die Artillerie der Divi- 
sionen verstärken sollte. Ihre 9 Batterien reichten auch bei einer Divisions- 
frontbreite von 2 bis 3 km nicht aus. Der Bedarf an Artillerie war ins 
Ungeheure gestiegen. 
Neubewaffnungen gingen neben der Neuaufstellung her. 
Die Luftstreitkräfte, namentlich die Fliegerwaffe, wurden weiter aus- 
gebaut. Sie hatten solche Stärke gewonnen, daß ihre Unterstellung unter 
einen besonderen Kommandierenden General notwendig erschien, der 
seinerseits dem Chef des Generalstabes des Feldheeres unterstand. Der 
erste Kommandierende General der Luftstreitkräfte war General v. Höpp- 
ner. Als Generalstabschef einer Armee und als Truppenführer bewährt, 
förderte er nach Kräften diese Waffe der Zukunft. Sein Chef war Oberst 
Thomsen, der bisher das Luftstreitwesen selbständig geleitet hatte. Wir 
waren trotz der Bemühungen des Generalstabs vor Kriegsbeginn mit un- 
genügenden Luftkampfmitteln in den Krieg gezogen. Der gewaltigen 
Schaffenskraft des Obersten Thomsen und des in der Heimat wirkenden 
Oberstleutnants Siegert haben Deutschland und das deutsche Heer es zu 
danken, wenn sich während des Krieges unsere Luftstreitkräfte immer weiter 
erfolgreich entwickelten. Jetzt wurde der Hauptwert auf Vermehrung der 
Jagdflieger und ihre Ausstattung mit einem guten Kampfflugzeug gelegt: 
dabei kamen aber die anderen Abarten nicht zu kurz. Auch den Geschwadern 
für den Bombenabwurf wurde weitgehende Beachtung geschenkt. 
Das Luftschiff schied aus den Kampfmitteln des Heeres aus. Es bot 
zu große Ziele. Die Marine behielt es noch bei. 
Die Fliegerabwehrwaffen wurden vervollkommnet und vermehrt und 
der Abwehrdienst an der Front sowohl wie für die Heimat in umfassendster 
Weise organisiert. Es kostete auch dies Menschen und Kriegsmaterial, die 
an der Front ausfielen. 
Für die Kavallerie bot der Schützengrabenkrieg keinen Raum. Es 
war bereits damit begonnen und wurde nun fortgefahren, aus den Ka- 
vallerie-Regimentern Kavallerieschützen-Regimenter in Bataillonsstärke zu 
bilden und Landsturm= und Landwehr-Schwadronen aufzulösen. Die 
Pferde waren für die Neubildung der Artillerie und den Troß dringend 
nötig geworden. Der Pferdeabgang im Heere war ein ganz außerordent- 
licher, die Einfuhr aus den neutralen Staaten nur unbedeutend. Heimat 
und besetzte Gebiete konnten den Ausfall nicht decken. Wir hatten viel 
Fehlstellen. Unsere Warmblutzucht hatte sich im Kriege bewährt, aber 
unser leichter Kaltblutschlag war nicht edel genug und seine Zucht nicht 
hinreichend gefördert; der schwere Schlag zeigte sich den Anstrengungen des 
Krieges gar nicht gewachsen. 
Die Oberste Heeresleitung mußte sich entschließen, die Kolonnen und 
Kriegeerinnerungen 1914—18. 20
	        
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