Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

308 Die Grundlage der weiteren Kriegführung und das Kriegsinstrument 
  
die erste Grundlage; ohne sie kann eine Armee nicht bestehen. Sie mußte 
auch jetzt das Gegengewicht bilden gegen viele unvermeidliche Erscheinungen 
im Leben der Truppen. Im Felde wurden die Unterkunftsverhältnisse 
durch das viele Herumwerfen der Verbände und den dauernden Wechsel 
immer ungünstiger. Die Gefahr der Selbsthilfe war gesteigert. Das Gefühl 
für „Mein“ und „Dein“ ging vielfach verloren. Bekleidung und Ausrüstung 
waren schlechter geworden, die Instandhaltung wurde dadurch erschwert. 
Viele Gründe, nicht zuletzt der Mangel an Licht in den Unterständen, führten 
zu einer Vernachlässigung des Außeren. Der Soldat ließ sich gehen. Das 
Kriegsleben mußte auf den Menschen einwirken. Starke Charaktere wurden 
gekräftigt, die aber wurden selten; die Moral der breiten Masse mußte 
Schaden leiden, und zwmar um so mehr, je länger der Krieg dauerte. Kein 
denkender Soldat konnte das übersehen. Das war in allen Kriegen so 
gewesen. Um so größer wurde das Bedürfnis nach geistiger Kräftigung aus 
der Heimat, die selbst stark sein mußte, nach Festigung des Pflichtgefühls, 
nach Mannszucht. Außerlich bildete die Art, wie der Soldat sich an öffent- 
lichen Orten bewegte, Ehrenbezeugungen erwies, einen sicheren Prüfstein 
für den Wert der Truppe. Es war nicht alles gut, was man da zu 
sehen bekam. 
Der Infanterie wurden die neuen Formen und das Schießen gelehrt, 
Gruppen= und Kompagnieführerkurse wurden überall weitergeführt. 
Die Ausbildung der Maschinengewehrschützen wurde auf breitester 
Grundlage betrieben, für die Scharfschützenabteilungen ein besonderer 
Übungsplatz eingerichtet. 
Die Artillerie verbesserte ihre Schießausbildung und die Zusammen- 
arbeit mit den Fliegern auf unseren Artillerieschießplätzen. Die Verwässe- 
rung, die durch die sehr zahlreichen Neuformationen eingetreten war, er- 
forderte einen Ausgleich durch sorgfältigste Ausbildung an allen Teilen 
der Front. 
Auch Minenwerferformationen, Pioniere und Nachrichtentruppen er- 
hielten Schul= und Übungsplätze, auf denen die Sonderaufgaben dieser 
Waffen geübt, aber auch den Offizieren der anderen Waffen gelehrt wurden. 
Die Ausbildung wurde ununterbrochen gefördert, sowohl bei den 
Truppen in Stellung wie hinter der Front. Es herrschte ein ähnliches 
Leben, wie wir es im Frieden gewöhnt waren. Überall bestrebte man sich, 
ernstlich, die Armee für ihre schwere Aufgabe zu schulen und ihre Ver- 
luste erträglich zu machen. 
Die Heimat arbeitete nach ähnlichen Grundsätzen. Die Grundbedin- 
gungen waren aber ungünstige, das Ausbildungspersonal überaltert. Die 
Verpflegungsverhältnisse waren mangelhaft, die Ersatztruppenteile zu sehr 
mit der Heimat, zu wenig mit dem Heere verbunden. Es war mein steter
	        
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