Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Ausbildung der Truppe 309 
  
Wunsch, die Ausbildung des Ersatzes, soweit irgend möglich, in Rekruten- 
depots hinter der Front zu verlegen. Der Anfang war gemacht. In der 
Folge geschah hierin noch mehr. 
Selbstverständlich war es aller Führer und auch mein Bestreben, daß 
die praktische Arbeit nicht zur Ermüdung der Truppe führte. Die körper- 
liche Ruhe war ein unbedingtes Erfordernis auch für die Mannszucht, und 
nur bei genügender Erholung konnte sich der Soldat nach und nach von 
seinen schweren seelischen Eindrücken entspannen. Für seine gute Unter- 
bringung mußte gesorgt werden. In leeren Baracken war eine Erholung 
unmöglich. Die Wohnungsausstattungen hatten wir dem Lande zu ent- 
nehmen. Leider aber blieben sie nicht immer an Ort und Stelle, sie 
wurden von den Truppen bei ihrer Verlegung mitgenommen. Für die 
Zerstreuungen die geboten werden konnten, sorgten die so gern gehörte 
Militärmusik, körperliche Spiele aller Art, Lichtspiele und sonstige Auf- 
führungen sowie Büchereien. 
Die Reihen der Friedens-Unteroffiziere waren gelichtet; ein großer 
Teil war — gleich den Offizieren — vor dem Feinde geblieben, ein anderer 
war zu Neubildungen versetzt oder tat daheim Ausbildungsdienst. Dem 
aus der Front hervorgegangenen Ersatz sehlte die Schulung in Führung 
und Sorge für die Mannschaften. Das Leben im Schützengraben verwischte 
zum Schaden der Mannszucht die Rangunterschiede; die Gefahr, daß sie 
in ihrer Autorität geschädigt würden, war nicht zu vermeiden. Die meisten 
Unteroffiziere blieben vorbildliche Unterführer im Kampf und verläßliche 
Gehilfen der Offiziere; sie haben ihre schweren Pflichten treulich erfüllt, 
das Vaterland schuldet auch ihnen besonderen Dank. 
Der Offizier war sich seiner ernsten Aufgabe, Erzieher und Lehrer 
seiner Truppe zu sein, voll bewußt. Auch dies will gelernt sein. Im 
Frieden brauchte der Offizier 12 bis 15 Jahre bis zum Kompagniechef. 
Dann war ihm das, was ihn befähigte, seinen Beruf auszufüllen: seine 
dienstlichen Kenntnisse, die Menschenbehandlung, die Fürsorge für seine 
Untergebenen, in Fleisch und Blut übergegangen. Jetzt mußten junge 
Männer nach ein bis zwei Jahren Dienstzeit Kompagnien führen. 
Manche haben es gekonnt, bei anderen hat es an vielem gefehlt. Auch dies 
Können ist eine Gabe, ein Ergebnis der Erziehung und des menschlichen 
Taktes. Eifer und Tapferkeit können es nicht immer ersetzen. In der 
Heimat und an der Front wurde an der Durchbildung der Kompagnie= 
führer gearbeitet, aber die aus der Truppe herauskommende Klage über 
den unerfahrenen Kompagnieführer hatte eine tiefinnere Berechtigung. 
Wir standen einer sehr ernsten Erscheinung gegenüber. Es war die 
Gefahr, daß das vorbildliche Verhältnis zwischen Offizier und Mann 
verloren ging.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.