Das Offizierkorps 311
dungen veranlaßte ihren häufigen Wechsel. Es fehlte ihnen oft die Zeit,
die innerhalb des Regiments zum Herausbilden eines gegenseitigen Ver—
trauensverhältnisses nötig war. Andererseits hatten Kommandeure ihre
Stellung sehr lange inne, beinahe während des ganzen Krieges. Es gab
Kommandeure, die ihre Regimenter infolge schwerer Kämpfe drei= bis
viermal vollständig neu auffüllen mußten. Das war menschlich eine zu
hohe Belastung. Ein Stück ihres Herzens blieb doch jedesmal zurück.
Nächst dem Regimentskommandeur war der Divisionskommandeur die
am meisten hervortretende Erscheinung geworden, wie es im Frieden der
Kommandierende General gewesen war. Bei den vielen Truppen-
schiebungen im Stellungskriege hatte der Korpsverband zum Schaden
des Ganzen nicht aufrechterhalten werden können, so sehr die Oberste
Heeresleitung dies auch erstrebte. Die Divisionen wurden in allem immer
selbständiger, und damit gewann der Divisionskommandeur stets höhere
Bedeutung. Bei seiner Dienststelle liefen alle Fäden von oben und unten
zusammen, in der Kampfführung, der Ausbildung und Verwaltungs-
tätigkeit. Er wurde zum Erzieher der Truppe. Die Auswahl zum
Divisionskommandeur konnte gar nicht sorgfältig genug sein.
Der Generalstabsoffizier war etwas Besonderes. Seine Aufgabe
wurde immer schwerer, je technischer die Kriegführung wurde. Es ge-
nügte nicht mehr, allgemeine Kenntnis aller Waffen und Verständnis für
ihre Verwendung zu haben. Er mußte ein guter Artillerist werden und
dazu über Fliegerverwendung, Nachrichtenwesen, die Nachschubfragen und
tausend andere Dinge ein klares Urteil haben sowie Einzelheiten beherrschen,
für deren Erledigung dem Kommandeur keine Zeit blieb. Die Befehle, die
er zu entwerfen hatte, wurden immer vielseitiger und länger, obschon das
Streben war, sie kurz zu halten. Es wurden leider Kunstwerke vielen
Könnens und Wissens, je technischer unsere Kriegführung wurde. Das war
nicht anders möglich, wenn alles klappen sollte. Die Vielseitigkeit zwang
die Generalstabsoffiziere oft, vieles in ihrer Hand zu vereinigen. Es mußte
aber gefordert werden, daß dadurch die Selbsttätigkeit anderer Dienststellen
nicht litt und auch die Person des Kommandeurs nicht in den Hintergrund
trat. Beides habe ich nie billigen können.
Der Kommandeur blieb Kommandeur. Er war der verantwortliche
Erzieher und Führer seiner Truppe, er konnte sie gar nicht oft genug sehen.
Der Generalstabsoffizier war sein Berater und Handlanger und ver-
antwortlich, daß das Räderwerk ohne Reibungen weiterging und alles
klappte. Die Aufgaben beider waren verschieden; für beide blieb reichlich
Raum zur Betätigung; beiden gemeinsam war die Sorge für die Truppe.
Der Generalstabsoffizier der Division hatte zudem keine eigene Verant-
wortung, die Korps= und Armeechefs hatten diese in dem im soldatischen