31.— Die Grundlage der weiteren Kriegführung und das Kriegsinstrument
Ich hatte mir dies früher bereits durch den Kopf gehen lassen und
schließlich auch die Werbungen für die polnische Legion begünstigt. Sie
wollten allerdings nicht recht vom Fleck kommen. In der Zusammensetzung
der polnischen Legion, vornehmlich aus galizischen Polen, sollte sich nichts
ändern, die Rußlands hielten sich durchaus abseits.
In den ersten Phasen des Krieges rechnete Polen darauf, mit Hilfe
Rußlands zur Selbständigkeit zu kommen. Ein Manifest des Großfürsten
Nikolai Nikolajewitsch hatte die Wiederherstellung des Königreichs in seinen
alten Grenzen unter dem Zepter des russischen Zaren in Aussicht gestellt und
zweifellos bei allen Polen einen tiefen Eindruck hervorgerufen. Jetzt hatte
die Kriegslage sich vollständig geändert. Sie konnten auf die Selbständigkeit
ihres Volkes nur im Zusammengehen mit den Mittelmächten rechnen, sofern
es gelang, Rußland niederzuwerfen. Dies mußten wir aus militärischen
Gründen erstreben. Es erschien mir möglich, daß Polen seine Söhne dazu
hergeben würde, von Rußland frei zu kommen. Seine Interessen berührten
sich hier mit denen der Mittelmächte, wie schließlich noch in vielen anderen
Punkten.
Als ich am 29. August Erster Generalquartiermeister wurde, fand ich
eine Abmachung des Reichskanzlers mit Baron v. Burian, dem gemein-
samen Minister des Auswärtigen der Doppelmonarchie, aus Wien vom
11. August vor, daß Deutschland und Österreich-Ungarn sich verpflichteten,
ein selbständiges Königreich Polen mit erblicher Monarchie und konsti-
tutioneller Verfassung zu errichten mit einer eigenen Armee, deren Füh-
rung einheitlich sei und Deutschland zufalle. Die Absicht der Gründung
dieses Nationalstaates solle baldmöglichst von beiden Monarchen kund-
gegeben werden, die Konstitutierung des Staates erst später erfolgen.
Auch Wilna war diesem Polen zugedacht, dessen Grenzen, soweit dies im
Friedensvertrage durchsetzbar, möglichst weit nach Osten auszudehnen seien.
Dieses Polen sollte in das Bündnis der beiden Kaiserreiche aufgenom-
men und seine auswärtige Politik entsprechend eingerichtet werden.
Die beiden Zentralmächte garantierten sich ihren bisherigen polnischen
Besitzstand und besprachen Grenzabtretungen, die von Russisch-Polen zur
militärischen Sicherung ihres Gebiets notwendig seien. Die Berichtigungen
sollten auf das militärisch unbedingt Notwendige beschränkt werden. Herr
v. Bethmann hatte mich im Herbst 1914 und im Jahre 1915 mehrfach
nach meinen Ansichten über die Führung der Grenze gefragt.
Über die wirtschaftliche Zukunft Polens gingen die Ansichten ausein-
ander. Herr v. Bethmann beabsichtigte den Zollanschluß an Deutschland;
Baron Burian ging dies zu weit. Er wünschte ein eigenes polnisches
Zollgebiet.
Als beiderseitiger Wunsch war festgestellt, daß die Zoll= und Verkehrs-